Bitcoin als Alternative für Euro und Dollar?
Datum: 14. Mai 2013
Autor: Erwin König
Kategorien: Kurz notiert

Immer öfter stößt man bei Ausflügen im Internet auf die Möglichkeit, mit Bitcoins bezahlen oder spenden zu können. Bei Bitcoin handelt es sich um eine digitale „Währung“, die gerade in den letzten zwei Jahren in der Internetgemeinde durch den Vertrauensverlust in das klassische Finanzsystem erheblich an Zuspruch erfahren hat. Höchste Zeit, sich also diese virtuelle Währung einmal näher anzuschauen.

Seinen theoretischen Ursprung hat das Bitcoin-System wohl in der Arbeit von Wei Dai, der 1998 vermutlich als erster eine Krypto-Währung in seinem B-Money-Vorschlag (http://www.weidai.com/bmoney.txt) beschrieb. Als eigentlicher Erfinder von Bitcoin gilt allerdings Satoshi Nakamoto, der die Software des ersten Bitcoin Clients entwickelt hat. Als Gründungsjahr von Bitcoin gilt das Jahr 2008, als Nakamoto zuerst ein Whitepaper  („Bitcoin: A Peer-to-Peer Electronic Cash System“, online abrufbar z.B. unter http://bitcoin.org/bitcoin.pdf)  veröffentlichte und kurz danach die erste Version des Bitcoin Client vorstellte. Offiziell registriert wurde das Bitcoin Projekt am 9. November 2008 und am 3. Januar 2009 startete das Bitcoin Netzwerk mit dem sogenannten Genesis Block. Bitcoins (BTC) sind dabei nichts anderes als verschlüsselte Datenpakete, die aus Zahlen und Buchstaben bestehen.

Als Vorteile des Bitcoin-Systems werden in erster Linie genannt:

  • Die Fälschungssicherheit, die durch den Einsatz des ECC-Verfahrens gewährleistet wird, einer kryptographischen, asymmetrischen Verschlüsselungstechnologie.
  • Zahlungen können ohne Vermittler, d.h. Finanzinstitute, direkt zwischen den Beteiligten ausgetauscht werden.
  • Folge davon sind sehr geringe Transaktionskosten für die Nutzer dieses Systems,
  • Das System ist, ähnlich wie die bekannten Peer-to-Peer-Systeme, dezentral organisiert und damit durch Dritte kaum angreifbar.
  • Grundsätzlich ist die Eröffnung eines oder mehreren Konten sehr einfach und schnell innerhalb von wenigen Minuten möglich. Dies im Gegensatz zu einer Konteneröffnung bei einer Bank.
  • Die User bleiben bis zu einem gewissen Grad – Ausnahmen sind z.B. polizeiliche oder nachrichtendienstliche Ermittlungen – untereinander anonym.
  • Durch die Anonymität der Mitglieder können Zahlungen nicht mehr rückgängig gemacht werden, was aber für den Online-Handel einen großen Vorteil darstellt. Falscheingaben sollen durch die Auswertung von Prüfsummen verhindert werden.
  • Das Bitcoin-System ist inflationsgeschützt, da die maximale Menge an Bitcoins auf 21 Millionen Einheiten begrenzt ist.

Ob man Bitcoin überhaupt als eine Währung oder Geld bezeichnen kann, ist unter Experten allerdings umstritten. Grundsätzlich ist die verfügbare Menge – wie bei dem klassischen Warengeld – begrenzt. Auf der anderen Seite sind Bitcoins – im Gegensatz zu dem Warengeld – nicht physisch transportierbar und stellen so gesehen eine neue Form von Geld dar. Zudem akzeptieren bisher nur relativ wenige Internethändler diese „Währung“ als Zahlungsmittel.

Gerade die letzten Wochen zeigen aber, dass auch dieses von der Idee her sicher reizvolle System einige erhebliche Schwächen aufweist. So hat sich gezeigt, dass auch diese virtuelle Währung nicht vor einer Blasenentwicklung geschützt ist. Die Kursentwicklung der letzten Wochen und Tage – Anfang April war der Kurs bei 90 US$, stieg dann sehr schnell auf 266 US$, nur um kurz danach innerhalb weniger Stunden wieder auf  105 $ zu fallen –  lässt den Schluss zu, dass das Bitcoin-Netzwerk genauso wenig vor Kursschwankungen geschützt ist wie das physische Geld des klassischen Finanzsystems.

Außerdem scheint dieses System, wie das reale Finanzsystem, auch nicht vor Betrug sicher zu sein. So wurden aktuell die Bitcoin-Börsen Bitcoin24 und Bitfloor geschlossen. Bitcoin24 steht im Verdacht, Geld gewaschen zu haben. Auf Bitfloor wurden vor einem halben Jahr 24.000 Bitcoins von Kriminellen gestohlen. Im Vergleich zu der größten Bitcoin-Handelsplattform Mt. Gox sind diese zwei Börsen aber eher sehr kleine Player. Auch weitere Vorfälle deuten darauf hin, dass es mit der Sicherheit dieses Systems, im Gegensatz zu den Versprechungen der Bitcoin-Gemeinde, eher schlecht aussieht.

Die digitale Währung Bitcoin ist ein Paradebeispiel, wie klassischen Modellen und Konzepten aus dem analogen Zeitalter plötzlich Konkurrenz aus der virtuellen Internetwelt erwachsen kann. Innerhalb relativ kurzer Zeit erfreut sich diese digitale Währung einer immer größer werdenden Beliebtheit im Netz. Allgemein dürfte kaum ein Geschäftsmodell des Industriezeitalters vor solch einer Entwicklung geschützt sein. Ob Bitcoin langfristig überleben wird – momentan scheint es mehr ein weiteres Paradies für Zocker zu sein – oder nicht, entscheidend ist, sich der ständig zunehmenden Virtualisierung und Digitalisierung unserer Welt bewusst zu werden.

Informationsspezialisten müssen sich nur ein paar Jahre zurückerinnern, als man die Online-Enzyklopädie Wikipedia als ein minderwertiges Amateurprojekt belächelt hat. Hätten Bibliothekare und Bibliotheken sich rund um die Welt damals zusammengeschlossen und hätten sie die Vorteile des Internets mit ihrem Fachwissen schon vor dem Start von Wikipedia zu einer eigenen Bibliotheks-Enzyklopädie kombiniert, wäre Wikipedia wahrscheinlich niemals entstanden.

Es gibt viele weitere Bereiche und Beispiele, bei denen eigentlich fachfremde Kräfte immer mehr solche eigentlich ureigenen bibliothekarischen und dokumentarischen Aufgaben kapern. Und es ist kein Trost, dass andere Berufszweige und Branchen die gleichen Erfahrungen machen müssen. Ein Gegensteuern kann eigentlich nur durch eigene neue, digitale Projekte begonnen werden. Mit digitalen Projekten ist aber nicht gemeint, eine weitere virtuelle Bibliothek ins Internet zustellen, sondern vielmehr neue Visionen und Ideen zu entwickeln, indem man die meist kostenlos verfügbaren Daten (z.B. statistische Daten von Eurostat oder vom Statistischen Bundesamt) und Tools wie Google, Twitter, Wikipedia Live Monitor (http://wikipedia-irc.herokuapp.com/) etc.,  zusammen mit den eigenen Daten- und Informationsbeständen zu einem völlig neuen Informationsangebot verknüpft.

Quelle:

https://de.bitcoin.it/wiki/Bitcoin   

 

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