Das Beratungs- und Wirtschaftsprüfungsunternehmen PriceWaterHouseCoopers (PwC) will in einer Studie herausgefunden haben, dass Facebook inzwischen für mehr Traffic auf Drittwebsites verantwortlich ist als die Suchmaschine Google. Insgesamt befragte PWC für diese Untersuchung 1.000 User von sozialen Netzwerken und Medienplattformen. Weiterhin wurde auch festgestellt, dass die Nutzer in Deutschland sich immer mehr auf wenige soziale Netzwerke beschränken. Klarer allgemeiner Marktführer bei den sozialen Plattformen ist Facebook. Xing wird vorwiegend für berufliche Kontakte genutzt und YouTube ist die Nummer 1 im Videobereich.
Weitere Ergebnisse dieser Untersuchung sind:
- Für Zweidrittel der User sind soziale Netzwerke inzwischen wichtiger als Google, zumindest wenn man dies an der Häufigkeit des Aufrufs der Startseiten misst.
- Soziale Netzwerke werden immer öfter zum Informationsintermediär und verbinden, dank der Postings und Beiträge ihrer User, Inhalte zu anderen Websites. Schon aus diesem Grund sollten Unternehmen und Medienverlage sich strategisch dieses Themas annehmen.
- So kommen heute bereits allein 15% der Besucher von Zeitungswebseiten über Facebook auf diese Inhalte.
- 80% der Umfrageteilnehmer haben einen aktiven Facebook-Account. Das bereits seit längerer Zeit im Abschwung befindliche deutsche Netzwerk StudiVZ wird nur mehr von 13% der User genutzt.
- Eine ähnliche Entwicklung ist im Bereich der Videoplattformen feststellbar, d.h. eine klare Nr. 1 und wenige, kleine Konkurrenten. YouTube führt hier deutlich mit 37% angemeldeten Nutzern vor dem Konkurrenten MyVideo, der nur mehr auf einen Nutzeranteil von 5% kommt.
- Bei den Berufsnetzwerken gibt es in Deutschland auch einen klaren Marktführer, und zwar Xing mit 15% registrierten Usern. Das auf internationaler Ebene führende Portal Linkedin liegt mit 2,2% weit abgeschlagen dahinter.
- PwC sieht die sozialen Medien aber nicht nur als Konkurrenten von Suchmaschinen und anderen Informationsanbietern im Internet, sondern auch für die klassischen Kommunikationskanäle wie SMS, Instant Messaging, ICQ, E-Mail und Telefon. Ein entscheidender Grund hierfür seien die Apps zur mobilen Nutzung der sozialen Netzwerke, die heute standardmäßig auf wohl fast allen Smartphones installiert sind.
- Die früher sehr unbeliebte Werbung auf sozialen Netzwerken scheint inzwischen von den meisten Usern (69%) als ein notwendiges Übel akzeptiert zu werden, zumindest so lange das Angebot weiterhin kostenlos bleibt. Der Wirkungsgrad der Werbung in sozialen Medien ist bisher aber eher als niedrig einzustufen. Laut dieser Studie ist erst jeder Dritte bisher einmal auf ein neues Produkt durch solche Werbung aufmerksam geworden.
So interessant die Ergebnisse dieser Studie teilweise sind, so muss man doch diese Resultate etwas einschränken bzw. hinterfragen. So kann man hinter der Aussage, dass das soziale Web für die User immer übersichtlicher wird, ein mehr oder weniger großes Fragezeichen setzen. Zumindest in den USA hat man eher den Eindruck, dass im Zuge des geplanten Börsengangs von Facebook neue soziale Medien-Plattform wie Pilze aus dem Boden schießen. Aktuelle Beispiele hierfür sind die vielversprechenden Startups und vermeintliche Facebook-Herausforderer wie Pinwheel oder Path. Daneben gibt es in den USA aber einige bereits erfolgreiche soziale Medien-Websites wie etwa die soziale Spiele-Plattform Zynga, die Blog-Plattform Tumblr und das schnell wachsende Foto-Netzwerk Pinterest, das in Deutschland aufgrund eines fehlenden eingedeutschten Auftritts bisher praktisch bedeutungslos ist. Diese bedrängen nicht unbedingt die großen Netzwerke wie Facebook, YouTube oder Twitter direkt. Aber schließlich hat jeder Nutzer auch nur 24 Stunden am Tag zur Verfügung, so dass zumindest ein indirekter Effekt auf die Seitenverweildauer bei den großen Netzwerk feststellbar sein müsste.
Weiterhin wird in dieser Studie auch wieder einmal auf das vermeintlich bald bevorstehende Ende der E-Mail hingewiesen. Bisher ist dieser Kommunikationskanal aber (noch) nicht „totzukriegen“ und erfreut sich einer weiter großen Beliebtheit unter den Usern. Denkbar ist sogar, dass die E-Mail durch kommende Angebote wie den E-Postbrief und die De-Mail eine neue Bedeutung für die sichere und zuverlässige Kommunikation im Internet erhält. Und die Aussage, dass Suchmaschinen angeblich bald weniger relevant werden oder schon sind, ist auch nicht ganz schlüssig, wenn man etwa die obigen Ergebnisse der Studien von PewInternet und dem Branchenverband Bitkom betrachtet.
Quelle:
PricewaterhouseCoopers (Hrsg.): „Facebook verdrängt Konkurrenz im Social Web“; Pressemitteilung vom 29. Februar 2012, online abrufbar unter http://www.pwc.de/de/pressemitteilungen/2012/facebook-verdraengt-konkurrenz-im-social-web.jhtml bzw. unter http://www.pwc.de/de/corporate-governance/social-media-jeweils-eine-plattform-fuehrend.jhtml kann die vollständige Studie „Social Media Deutschland: The winner takes it all“ kostenlos bestellt werden