Editorial 3-2018
Datum: 25. April 2018
Autor: Rafael Ball
Kategorien: Editorial

War es das mit Facebook?

Wer heute die aktuelle Tagespresse verfolgt, kann nicht nur lesen, dass Facebook und mit dem Unternehmen auch sein Gründer und CEO Mark Zuckerberg förmlich unter die Räder geraten, sondern auch sehen, welche wirtschaftlichen Folgen das etwa für den Aktienkurs nach sich zieht. Nach dem unbefugten Datenklau aus den Archiven und Konten des Social-Media-Giganten und die Weitergabe an das Big-Data-Unternehmen Cambridge Analytica für die Verwendung im US-amerikanischen Wahlkampf kam es zu einer weltweiten Empörung über den Umgang mit den Facebook anvertrauten Daten. Ethisches und datenschutzrechtliches Fehlverhalten hat eben (meistens) doch Konsequenzen und das ist auch gut so.

Dass einige daraus ableiten, das Ende der sozialen Netzwerke stehe kurz bevor, ist aber viel zu kurz gesprungen. Noch immer sind diese digitalen Systeme (und Facebook steht dabei deutlich an erster Stelle) für die allermeisten (jungen und jüngeren) Menschen in unserer Welt ein wichtiges und manchmal das einzige Kommunikations- und Informationstool. Das sollten auch Informationsspezialisten und ihre Institutionen, etwa die Bibliotheken, nicht vergessen. Und deshalb müssen alle Informationsinstitutionen dort aktiv sein. Aber nicht nur mit Marketingaktivitäten und netten Gadgets (das haben die meisten Bibliotheken inzwischen gelernt und beherrschen das gut), sondern auch mit seriösen Inhalten, idealerweise mit genau denen, die sie bislang über die Webseiten zugänglich gemacht haben. Denn die Generation Y und Z suchen immer seltener Webseiten nach Inhalten ab, sondern decken auch ihr Informationsbedürfnis über die Angebote in den Social-Media-Systemen. Zunehmend finden sich auch viele seriöse wissenschaftliche Inhalte etwa in Facebook; eine Tendenz, die es nicht nur zu beobachten, sondern auch professionell zu analysieren gilt. Danach muss man entscheiden, ob es sich lohnt auch hier massiv zu investieren. Wir haben gleich mehrere einschlägige Beiträge zu diesem Thema im aktuellen Heft. Dazu passend empfehle ich noch die Lektüre über die Bedeutung von Wikipedia als (professioneller?) Ersatz für die klassischen Enzyklopädien. Es gibt auch hier keinen Weg mehr zurück und womöglich ist das auch gar nicht nötig.

Wie man sieht, haben sich nicht nur die Kommunikationslandschaft massiv und dauerhaft verändert, sondern auch die Rahmenbedingungen für das Informationsmanagement. Bis jetzt haben wir Facebook, Wikipedia und Co. nur als Ergänzung unseres professionellen Informationsmanagements gesehen. Künftig könnten aber die klassischen Angebote und Kanäle genau dazu werden.

Während wir noch darüber nachdenken, erscheint ein neuer Stern am Himmel: die Blockchain-Technologie. Auch dazu haben wir einen fundierten Bericht ausgewertet. Das Thema wird uns sicher alle in den nächsten Jahren massiv beschäftigen. Und wir bleiben dran und halten Sie informiert.

Bei so vielen aufregenden Themen wünsche ich Ihnen eine spannende und erkenntnis- wie ergebnisreiche Lektüre unseres aktuellen Hefts.

Herzlich

Ihr Rafael Ball

Über Rafael Ball

Rafael Ball studierte die Fächer Biologie, Slawistik und Philosophie an den Universitäten Mainz, Warschau und Smolensk. 1994 wurde er am Institut für Allgemeine Botanik der Universität Mainz zum Dr. rer. nat. promoviert. Bekannt ist er für seine Ideen zur Bibliothek der Zukunft, zur Wissenschaftskommunikation und zur heutigen Rolle des gedruckten Buches. Er ist außerdem Chefredakteur der Zeitschrift B.I.T.online.