Alles Google, oder was?
So oder so ähnlich könnte die Frage aussehen, die an zwei amerikanischen Universitäten knapp einhundert Studierenden gestellt worden ist. Das Experiment sollte herausfinden, wie sie mit den angebotenen Discovery-Systemen in ihrer Bibliothek umgehen und welche Resultate sie dabei erzielen.
Discovery-Systeme sind nichts Neues mehr in der Bibliothekswelt, seit gut fünf Jahren tummeln sich eine Handvoll Softwaresysteme auf dem Markt, um die Kataloge der Bibliotheken, deren einstmals mächtiger Stolz, wieder einfacher und benutzerfreundlicher zu machen: Wie Google eben, weil man annehmen muss, dass vor allem die Digital Natives Bool´sche Operatoren weder kennen, geschweige denn einsetzen, sondern intuitiv mit einfachem Suchschlitz zum perfekten Rechercheergebnis kommen wollen.
Galt die Federated Search noch vor wenigen Jahren als das Non-Plus- Ultra, verstreute Kataloge zusammenzubinden und abzusuchen, wurde schnell klar, dass dies langfristig weder schnell genug war noch geeignet für mobile Endgeräte.
Im Unterschied dazu sammeln die Discoyery-Systeme alle verfügbaren Daten in einen eigenen Index und liefern damit schnell und direkt Ergebnisse; genau wie Google.
Die lange (und längst langweilige) Tradition, den Katalog zu erklären, Einführungen abzuhalten und Schulungen abzubieten, ist nicht nur ein Auslaufmodell, sondern schlicht unzeitgemäß. Selbst eher schwerfällige Staatsbibliotheken haben inzwischen erkannt, dass man nicht die Nutzer am Katalog trainieren, sondern die Such- und Nachweissysteme nach dem Kunden ausrichten muss, wie die jüngste Entwicklung von SLUB-Semantics der SLUB Dresden eindrucksvoll beweist.
Doch zurück zur Studie: Die Ergebnisse waren nicht überraschend: Studierende nutzen die Discoverysysteme genau wie Google, setzen überwiegend die einfache Suche ein und beachten nur die erste Seite der Ergebnisliste. Welches der getesteten Discoverysysteme dabei die besseren Ergebnisse lieferte, lesen Sie auf Seite 3.
Noch mehr Nutzertipps gefällig?
Bitte schön, aber immer nur mit einem Lächeln! Denn jenseits aller Technikhilfen für die Kunden der Bibliothek ist es entscheidend, wie das Bibliothekspersonal Menschen begegnet, die mit einem Anliegen oder einer simplen Frage an den Schalter kommen (Bonnet, J. et al.: First Impressions and the Reference Encounter: The Influence of Affect and Clothing on Librarian Approachabillity“). Auch diese Studie brachte Ergebnisse, die jeder ahnt, die man aber im Sinne von Kundenfreundlichkeit nicht oft genug wiederholen kann: Ein Lächeln des Bibliothekars oder der Bibliothekarin hat den größten positiven Einfluss auf die Bereitschaft der Kunden, sich an die Berater zu wenden. Auch ein Namensschild wirkt Wunder und die Bedeutung der Kleidung und ihrer Farbe ist nicht zu unterschätzen: Frauen und jüngere Nutzer fühlen sich durch formale Kleidung abgeschreckt, Männer und ältere Personen bewerten das eher positiv. Die Farbenlehre aber hingegen ist eindeutig: rote und weiße Hemden und Blusen sind ein No-Go, blau hingegen wird positiv wahrgenommen. Wer aber an der Theke geschäftig auf den Bildschirm sieht oder in ein Buch, ist vom Kunden schon abgeschrieben.
Sind wir aber in Deutschland schon so weit, dass in Ausbildung und täglicher Arbeit auf Kleidung, Stil und Auftreten ausreichend und nachdrücklich geachtet wird? Oder zählen in der Bibliothek noch immer ausschließlich die inneren Werte? Belesen, in sich gekehrt und regelwerkstreu, aber ansonsten völlig weltfremd? Wer dauerhaft als akzeptierter und attraktiver Gesprächspartner ankommen will, wird um die stärkere Beachtung auch der äußeren Qualitäten nicht länger herumkommen.
In diesem Sinne: Haltung annehmen, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Herzlich
Ihr Rafael Ball