New Work in Bibliotheken?
Nur zu leicht wird Bibliotheken und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unterstellt, sie seien konservativ oder sogar rückständig. Und das meist nur, weil Bibliotheken Institutionen darstellen, die eine jahrhundertealte Tradition verkörpern und als Teil des kulturellen Gedächtnisses der Menschheit in anderen Zeiträumen denken müssen als Verwaltungen, Behörden oder private Unternehmen. Und weil die Arbeitsweise von Bibliothekarinnen und Bibliothekaren immer weiter reicht als nur zum nächsten Quartalsbericht.
In vielen Bereichen jedoch beweisen Bibliothekarinnen und Bibliothekare, dass sie weder rückwärtsgewandt denken noch arbeiten, sondern häufig sogar zur Avantgarde der Arbeitswelt gehören. So zählten Bibliotheken zu den ersten, die IT- und Computertechnologie im Produktionsprozess flächendeckend eingesetzt haben, etwa bei der Digitalisierung ihrer Kataloge.
Und auch im Bereich von New Work machen Bibliotheken wieder klar, dass mit ihnen zu rechnen ist. In der Zeit des physischen Lockdowns während der Corona-Pandemie haben Bibliotheken weit schneller als andere digitale Medien und Kommunikationsmittel als Chance erkannt und dazu genutzt, mit ihren Nutzerinnen und Nutzern in Kontakt zu treten und ihnen hochwertige virtuelle, elektronische Angebote zu machen. Ganze Katalogisierungsabteilungen bekamen ihre Materialien nach Hause geliefert, verbanden sich im Homeoffice zu einem virtuellen Netz und hielten den Betrieb produktiv am Laufen. Mehrere Studien beweisen nun, dass Bibliothekarinnen und Bibliothekare auch das Homeoffice während der Corona-Pandemie produktiv genutzt haben und keineswegs an ihrem Büroarbeitsplatz kleben („Homeoffice bleibt bei Bibliotheksmitarbeitenden auch nach dem Pandemie-Ende beliebtˮ, ab Seite 17).
Auch über die Pandemie hinaus hat sich die Attraktivität des Homeoffice erhalten und viele Mitarbeitende schätzen einen gelungenen Wechsel zwischen Bürozeiten und Homeoffice. Es verlangt einerseits Anpassungsfähigkeit und gleichzeitig Flexibilität, an zwei Arbeitsplätzen produktiv sein zu können. Wieder einmal zeigt sich, dass Bibliothekarinnen und Bibliothekare das wunderbar beherrschen. Im heute gelebten, überwiegend hybriden Modell verbinden sich so die Vorteile des Homeoffice mit den Vorteilen von Bürozeit. Flexibilität bei der Kinderbetreuung, Verringerung des CO2-Fussabdrucks durch reduzierte Fahrten zum Arbeitsplatz sind meist sogar gekoppelt mit höherer Produktivität und größerer Zufriedenheit mit der Arbeit.
Für Führungskräfte stellt das hybride Arbeiten und das Führen ihrer Mitarbeitenden zwar eine neue Herausforderung dar, doch die kann durch Unterstützung geeigneter Tools und Methoden gut gemeistert werden. Remote-Führung von hybriden Teams kann deshalb ebenso produktiv und erfolgreich sein wie die klassische Präsenzführung.
Auch bei New Work und hybridem Arbeiten zeigen Bibliothekarinnen und Bibliothekare wieder einmal, dass sie nicht rückwärtsgewandt sind, sondern top modern.
Herzlich
Ihr Rafael Ball