Strategien für die Digitalisierung von Sammlungen
Datum: 12. Januar 2014
Autor: Erwin König
Kategorien: Kurz notiert

Bereits in den 1990er-Jahren haben große wissenschaftliche Bibliotheken, Museen und Archive damit begonnen, ihre seltenen und einzigartigen Sammlungsbestände zu digitalisieren. Heute, 2013, liegt diese Aufgabe aber nicht mehr allein in der Zuständigkeit von großen Informationseinrichtungen. Inzwischen haben Institutionen aller Arten und Größen begonnen, historisch wertvolle Inhalte zu digitalisieren und mit der Öffentlichkeit zu teilen, so dass heute immer mehr Bestände virtuell für die Nutzer zugänglich sind. In einer aktuellen Studie hat das Forschungs- und Beratungsunternehmen Ithaka S+R in Zusammenarbeit mit dem Bibliotheksvereinigung Association of Research Libraries (ARL) untersucht, wie Informationseinrichtungen ihre Bestände in das digitale Zeitalter am besten überführen können. Anhand von acht Institutionen wird gezeigt, wie diese Einrichtungen die notwendigen Modelle für Benutzer, Infrastruktur und Finanzierung entwickelten, um ihre digitalen Sammlungen erhalten und weiter wachsen lassen.

Zwischen Juni 2012 und Mai 2013 hat das Forschungsteam von Ithaka S+R 188 digitalisierte Sondersammlungen gesichtet. Aus diesen wurden 11 ausgewählt, wovon 8 Institutionen sich schlussendlich bereit erklärt haben, sich an dieser Untersuchung zu beteiligen. Gesamthaft wurden 58 Personen befragt. Neben den Projektleitern wurden weitere Personen interviewt, die mit diesen Projekten vertraut sind. Insgesamt haben sich daraus 8 Fallstudien ergeben, die zahlreiche Best Practice-Beispiele für die Durchführung von solchen Digitalisierungsprojekten enthalten.

Bei den analysierten Informationseinrichtungen handelt sich um:

  • American Antiquarian Society (AAS)
  • Biodiversity Heritage Library (BHL), Smithsonian Institution Libraries
  • Florida Folklife Collection, State Library and Archives of Florida
  • Grateful Dead Archive Online, University of California at Santa Cruz
  • Home Economics Archive: Research, Tradition and History (HEARTH), Cornell University
  • Maine Memory Network (MMN), Maine Historical Society
  • Quakers and Slavery, Haverford College
  • Vanderbilt Television News Archive (VTNA), Vanderbilt University

Nachfolgend einige der wichtigsten Strategien und Aussagen aus dieser Untersuchung:

  • Auch wenn zu Beginn eines Digitalisierungsprojekts die Kosten geschätzt werden, muss damit gerechnet werden, dass im Lauf eines Projekts neue Kosten auftauchen.
  • Es gibt keine all umfassende Definition für Nachhaltigkeit oder Erfolg.
  • Eine engagierte Führung kann das Rückgrat eines Projekts sein.
  • Skalierbare Lösungen werden benötigt und können in vielen Formen vorkommen.
  • Mehrere Finanzierungsquellen können Projekten eine größere langfristige Sicherheit bieten.
  • Ein vertieftes Verständnis von Benutzer- und Träger-Bedürfnissen kann zu einer nützlicheren und wertvolleren Ressource führen.
  • Mit Erfolgskennzahlen und Fortschrittsmessung können sowohl Stärken aufgedeckt werden als auch potenzielle Verbesserungsmöglichkeiten erkannt werden.
  • Das Identifizieren von Fachwissen und bewährten Systemen können dabei helfen Anlaufkosten zu reduzieren, Effizienz zu steigern sowie Platz für Kreativität zu schaffen.
  • Viele der in dieser Studie untersuchten Einrichtungen haben begonnen, ihre digitalen Informationsquellen zu einem wesentlichen Teil ihrer Arbeit zu machen. So werden die digitalen Sammlungen näher zu den alltäglichen Arbeiten und zu allgemeinen Betrieb gerückt, womit sie auch nicht vergessen oder vernachlässigt werden können.

Diese Arbeit bietet einen strategischen Handlungsfaden für den nachhaltigen Erfolg von Digitalisierungsprojekten in Bibliotheken und anderen Arten von Informationseinrichtungen. Bisher ist der Hauptgrund für die Digitalisierung von seltenen Sammlungen immer noch die Erhaltung dieser Bestände. Verschiedene Studien des Bibliotheksdienstleisters OCLC zeigen aber, dass ein neues wichtiges Ziel für Digitalisierungsprojekte, nämlich das Anbieten von Zugängen zu Sammlungen/Materialien/Inhalten, immer mehr in den Vordergrund rückt. So sagten 2001 in einer OCLC-Befragung nur jeweils 5% der antwortenden öffentliche Bibliotheken und Museen sowie 17% der wissenschaftlichen Bibliotheken, dass ein Zugang zu den digitalen Beständen ein Grund für die Digitalisierung von Materialien sei. Bereits drei Jahre später sagten 56% der Museen, fast 32% der öffentlichen Bibliotheken und 43% der wissenschaftlichen Bibliotheken, dass die Ermöglichung eines Zugang zu Beständen das wichtigste Ziel ihrer Digitalisierungsanstrengungen ist.

Quelle:

Nancy L. Maron, Sarah Pickle, and Deanna Marcum: "Searching for Sustainability: Strategies from Eight Digitized Special Collections"; November 2013, was released by ARL and ITHAKA S+R, online abrufbar unter http://www.arl.org/storage/documents/publications/searching-for-sustainability-report-nov2013.pdf

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