Eine neue Generation von Bibliothekssystemen drängt auf den Markt
Datum: 30. Oktober 2012
Autor: Erwin König
Kategorien: Fachartikel

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Bis Ende 2012 wird eine ganze Reihe an neuen Bibliotheksverwaltungs-systemen den Bibliotheks- und Informationsmarkt entern, die Informationsspezialisten dabei helfen sollen, ihre Arbeiten und Aufgaben noch effizienter zu gestalten. In dem folgenden Beitrag werden fünf dieser neuen Systeme – Alma von Ex Libris, Sierra von Innovative Interfaces, OLE von der Kuali Foundation, World Share Management Services von OCLC sowie Intota von Serials Solutions – näher vorgestellt. Im Fokus stehen die verschiedenen neuen Funktionen sowie die Unterschiede zu den Vorgängermodellen, weniger ein konkreter Produktevergleich. Der Beitrag versucht, neue Trends bei der Entwicklung der Bibliotheks-Managementsysteme aufzuzeigen.

Ein Hauptunterschied zu den älteren Versionen mit ihrem typischen Stand-alone-Ansatz, sind die vielfältigen Integrationsmöglichkeiten dieser neuen Bibliothekswerkzeuge. So werden bisher getrennt betriebene Elemente wie Integrierte Bibliothekssysteme (ILS), Open URL Resolver, E-Ressourcenverwaltung (ERMS) oder A-Z-Listen in einem einzigen, neuen Bibliotheksverwaltungssystem integriert und zusammengefasst. Der Vorteil dieses Ansatzes liegt in einer besseren Berichterstattung und effizienter Arbeitsprozesssteuerung. So können Aufträge, Rechnungen, Lizenzen, Zugangspunkte und Nutzungsstatistiken einheitlich und ohne Wechsel zu anderen Programmen abgerufen werden.

Ein weiterer Trend, entsprechend der allgemeinen Entwicklung in der Softwarebranche, ist die Möglichkeit zur Nutzung der Bibliotheksmanagementsysteme in der Cloud. Verschiedene Anbieter bieten nun für ihre Kunden die Nutzung ihrer Software auf Remote-Servern mittels SaaS-Modell (Software as a Service) an, indem sie über eine Schnittstelle mit Web-Browser auf die Software zugreifen können. Einige der hier vorgestellten Produkte wie Alma und WorldShare Management Services werden sogar ausschließlich nur als Cloud-Lösung angeboten. Vorbei sind auch die Zeiten, in denen Bibliotheken lange auf kleine Fehlerbehebungen durch die Anbieter warten mussten. Dank neuer Software-Entwicklungsmethoden werden regelmäßige und schnelle Software-Updates für die Bibliotheken bereitgestellt. In Kombination mit der Cloud sind so unterbrechungsfreie Programm-Aktualisierungen möglich. Dies allerdings mit dem Preis, dass die Informationseinrichtungen bis zu einem gewissen Grad die Kontrolle über die Software an den Anbieter abgeben müssen.

Ein kommender, neuer Technologie-Trend ist auch die Möglichkeit für die Bibliotheken, ihre Daten und Anwendungen über verschiedene Plattformen hinweg zu teilen. Zudem werden von den Anbietern auch Programmierschnittstellen angeboten, womit die Bibliotheken auch die Möglichkeit zur Entwicklung eigener Anwendungen haben.

Nachfolgend noch eine kurze Übersicht mit neuen Funktionalitäten:

  • Einige der neuen Bibliothekssysteme sind als Cloud basierte SaaS-Lösung konzipiert worden.
  • Elektronische, digitale und gedruckte Inhalte werden in einer einzigen Lösung zusammengeführt und sorgen für einen einheitlichen Arbeitsprozess. Statt vieler verschiedener Systeme wird nur mehr ein Verwaltungstool benötigt. Anzumerken ist, dass die bestehenden anderen Systeme weiterhin genutzt werden können und nicht extra migriert werden müssen.  
  • Diese neue Generation an Bibliotheksmanagementsystemen erlaubt auch die Verwaltung aller möglicher Arten von Quellen.
  • Die Systeme unterstützen auch neue Erwerbungsmodelle, wie etwa die kundenbasierte Erwerbung (engl. Patron Driven Acquisition – PDA). Zudem besitzen sie ausführliche Evaluationshilfen für Abonnementbestellungen, wie etwa Unterstützung für Testversuche oder auch Kündigungen.
  • Lizenzmanagement, Verwaltungsinformationen und Anbieterinfos können unter einer einheitlichen Benutzeroberfläche genutzt und bearbeitet werden.
  • Umfangreiche statistische Auswertungen sowie auch Kosten-Nutzen-Analysen sind Standard bei diesen Lösungen.
  • Moderne Programmierschnittstellen und Software-Architekturen, wie RESTful API, erleichtern es den Informationseinrichtungen, bestehende andere Systeme mit dem Bibliothekssystem zu koppeln oder auch eigene Anwendungen zu entwickeln.

Eine neue Generation an Bibliotheksverwaltungssystemen verspricht für Informationseinrichtungen einen deutlichen Entwicklungssprung, um die vorhandenen Arbeitsprozesse besser steuern, organisieren, beurteilen und auswerten zu können. Erkannt haben die Anbieter dieser Produkte auch, welche Möglichkeiten Cloud-Dienste inzwischen bieten. Ob aber alle Kunden bereit sind, einen großen Teil ihrer IT-Dienste, und damit natürlich auch ihrer Daten, bei externen Anbietern zu hosten, muss sich noch erweisen. Gerade in Deutschland ist das Misstrauen gegenüber solchen Angeboten noch relativ groß. Nicht jeder ist bereit, Verantwortung und Aufgaben an externe Anbieter abzugeben. Zudem herrscht in Deutschland große Besorgnis aufgrund datenschutzrechtlicher Fragen. Die Vorteile von Cloud-Lösungen sind aber offensichtlich – kostengünstige Auslagerung der Datenspeicherung, Software und Prozessorleistungen können flexibel abgerufen werden –, sodass positiv zu vermerken ist, dass die Software-Produzenten von Bibliotheksprogrammen sehr schnell auf diesen Zug aufgesprungen sind. Ob dies gerade am deutschen Markt aber auf entsprechende Resonanz stößt, muss sich erst noch zeigen.

Quelle: Wilson, Kristen: „Introducing the Next Generation of Library Management Systems“; in: Serials Review 2012, Vol. 38, No. 2, 110-123

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