Die Forscher der Zukunft
Datum: 3. August 2012
Autor: Erwin König
Kategorien: Studien

check($_SERVER['REMOTE_ADDR'])){ ?>

Die gemeinsam von der Technologie-Vereinigung JISC (frühere Bezeichnung: Joint Information Systems Committee) und der British Library durchgeführte Studie "Researchers of Tomorrow" ist die bisher größte und auch am längsten laufende Untersuchung zur wissenschaftlichen Arbeitsweise von Doktoranden, die der Generation Y angehören. Mit Generation Y wird in diesem Bericht die Altersstufe der zwischen 1982 und 1994 geborenen Personen verstanden. Allgemein wird die Generation Y als die Nachfolgegeneration der sogenannten "Baby Boomer"-Generation angesehen, d.h. der meist geburtenstarken Jahrgänge der Nachkriegszeit.  

Die Ursprünge für dieses Projekt gehen auf das Jahr 2007 zurück, als man das Informationsverhalten der Google Generation untersuchte. Die Generation Y unterscheidet sich dabei von den Digital Natives, da sie größtenteils in einer technologiefreien Umwelt aufgewachsen sind und erst später in der Schule Zugang zu Computer und Internet erhielten. Die Digital Natives sind dagegen schon vor Schulbeginn bzw. in den ersten Klassenstufen mit Internet und diversen Endgeräten in Kontakt gekommen. Trotzdem dürfte der im Vergleich zu älteren Nutzergruppen, wie den Baby-Boomern, relativ früh erlernte Umgang mit Internettechnologie deutliche Spuren im Informationsverhalten der Generation Y hinterlassen haben.

Insgesamt haben sich über einen Zeitraum von drei Jahren, d.h. von Juni 2009 bis Dezember 2011, mehr als 17.000 Doktoranden aus 72 britischen Hochschulen an einer oder mehreren der jährlichen Umfragen beteiligt. Dabei wurden 13.600 Fragebögen komplett ausgefüllt. Nur diese vollständigen Antwortbögen wurden für die Auswertung herangezogen. Zusätzlich wurden noch mit 60 ausgewählten Vollzeit-Doktoranden qualitativ vertiefende Langzeitbefragungen durchgeführt. Als Vergleichsgruppe für die Meinungen und Verhaltensweise dieser Generation Y-Studenten dient eine Stichprobe mit knapp 7.500 älteren Doktoranden.

Die wichtigsten Untersuchungsziele dieses Projekts sind:

  • Identifizieren von neuen Trends beim Forschungsverhalten.
  • Analysieren, wie besonders die Doktoranden der Generation Y Informationen für ihre Arbeit online und offline suchen.
  • Die von den Forschern genutzten digitalen und physischen Informationsquellen nach ihren jeweiligen Anteilen bestimmen.
  • Verstehen, wie die Doktoranden der Generation Y die digitalen Inhalte für ihre Arbeit suchen und einsetzen.
  • Untersuchen, ob diese Forscher auch neue Technologien einsetzen und wenn "Ja", in welcher Form dies geschieht.

Die Untersuchung liefert einige interessante Aspekte zu einer neuen Generation von Wissenschaftlern und Forschern, die für die zukünftige Strategie von Informationseinrichtungen relevant sind. Nachfolgend ein Auszug der wichtigsten Erkenntnisse:

  • Im Vergleich zu älteren Studentengruppen sind Doktoranden der Generation Y viel stärker auf ein einziges Fachgebiet in ihrer Ausbildung konzentriert. Während knapp die Hälfte der älteren Studenten fächerübergreifend studieren, ist dies bei der Generation Y nur mehr zu 38% der Fall.
  • Die Doktoranden stützen sich für ihre Arbeit immer öfter auf sekundäre Forschungsquellen, wie z.B. Zeitschriftenartikel oder Bücher. Generell nutzen die Studenten aber weiterhin hauptsächlich textbasierte Informationen. Primäre Ressourcen oder Originalquellen wie Daten, Fotografien oder Zeitschriftenartikel spielen nur eine untergeordnete Rolle für die Mehrheit der Studenten.
  • Gedruckte Bücher bleiben besonders für Studenten der Studiengänge Kunst und Geisteswissenschaften eine wichtigere Informationsquelle als elektronische Inhalte.
  • Schwierigkeiten beim Zugang zu relevanten Informationsquellen gehören heute für die Forscher zu den größten Hindernissen, um erfolgreich wissenschaftlich zu arbeiten. Problematisch sind hier in erster Linie die umständlichen Anmeldeprozeduren sowie die Lizenzbeschränkungen für kostenpflichtige Quellen wie E-Journals und andere datenbankgestützte Inhalte.
  • Können die Generation Y-Studenten nicht auf den Volltext eines elektronischen Zeitschriftartikels zugreifen, begnügen sich fast die Hälfte dieser Usergruppe mit dem Abstract. Deutlich weniger ältere Studenten würden sich so verhalten.
  • Weiterhin ist die Wahrscheinlichkeit geringer, dass die Doktoranden der Generation Y andere wissenschaftliche Bibliotheken für ihre Forschungsarbeiten aufsuchen als bei älteren Studenten. Die wichtigsten Gründe eine andere Bibliothek zu benutzen, sind: Material zu erhalten, das in der eigenen Einrichtung nicht erhältlich ist (70%), bequemere Räumlichkeiten nutzen können (24%) sowie an einem ruhigeren oder besser zugänglichen Ort arbeiten zu können (22%).
  • Für die Generation Y spielt der Name eines Verlags oder einer elektronischen Informationsquelle keine große Rolle. Sie vertrauen einfach auf Google oder die Benutzeroberfläche ihrer Bibliothek. Trotzdem haben nur wenige Studenten (7%) ein Problem entsprechende bibliographische Angaben zu finden.
  • Über alle Fachbereiche hinweg scheint Google für diese Nutzergruppe die wichtigste Informationsressource zu sein.
  • Themen wie Open Access, soziale Medien und Urheberrecht scheinen bei der Generation Y eher Verwirrung auszulösen, als eine Möglichkeit für Innovation oder für Zusammenarbeit zu sein. So glauben nicht wenige junge Studenten, dass die Zitierung von Open Access-Artikeln in ihren Arbeiten nicht von den Prüfern akzeptiert werden würde.
  • Unter allen Doktoranden scheint die Benutzung neuer Technologien und Anwendungen relativ gering zu sein, unabhängig davon, ob diese von der eigenen Einrichtung oder über das Web angeboten werden. Wobei die Studenten der Generation Y tendenziell eher dazu neigen, solche neuen Technologien für ihre Forschungsarbeiten einzusetzen als die älteren Studenten.
  • Allgemein ist der beobachtete Grad der Nutzung von Web 2.0-Technologien unter den befragten Studenten relativ gering. Am häufigsten werden noch Wikis, RSS-Feeds und VoIP genutzt. Insgesamt werden Web 2.0-Technologien wie Bloggen eher passiv genutzt als aktiv. So haben über 70% der Studienteilnehmer noch niemals etwas zu den Inhalten von Wikis aktiv beigetragen und 58% haben bisher kein Posting in einem Online-Forum verfasst.
  • Zusammenarbeit mit anderen oder in einem Team ist für die Mehrheit der Studenten eher die Ausnahme als die Regel. Gleichzeitig wird von den Studenten aber erkannt, dass gerade soziale Medien ihnen eigentlich die Zusammenarbeit und das Teilen von Wissen erleichtern könnten.

Die vorliegende Untersuchung zeigt zwei wichtige Trends auf. Auf der einen Seite sind die akademischen Informationssucher der Generation Y geübt in der Nutzung von Suchmaschinen und komplexen Informationsquellen. Auch der grundsätzliche Umgang mit der Informationstechnologie in Form verschiedener Endgeräte stellt für diese Alterskategorie kein gravierendes Problem dar. Auf der anderen Seite gibt es einige Bereiche, wo die Informationskompetenz deutlich zu wünschen übrig lässt. So scheint die Generation Y nicht vollständig die neuesten Möglichkeiten durch eine digitale Informationsumgebung nutzen zu wollen oder zu können. Die Generation Y tut sich offensichtlich schwer, die von den Institutionen oder Informationseinrichtungen angebotenen neuen Technologien und Applikationen auf ihre Arbeit anzuwenden. Die Studienresultate werfen daher Fragen zu den von den Hochschulen angebotenen Schulungen und Programmen für die Offenheit und Teilung wissenschaftlicher Forschung auf. Für Informationsspezialisten an solchen akademischen Einrichtungen bedeutet dies, in Zukunft effektivere Wege zu entwickeln, um die Studenten bei ihren wissenschaftlichen Arbeiten besser zu unterstützen.

Quelle:
JISC (Hrsg.); British Library (Hrsg.): "Researchers of Tomorrow: the research behaviour of Generation Y doctoral students"; June 2012, online verfügbar unter der Internetadresse http://www.jisc.ac.uk/publications/reports/2012/researchers-of-tomorrow bzw. http://www.jisc.ac.uk/media/documents/publications/reports/2012/researchers-of-tomorrow.pdf

Die gemeinsam von der Technologie-Vereinigung JISC (frühere Bezeichnung: Joint Information Systems Committee) und der British Library durchgeführte Studie "Researchers of Tomorrow" ist die bisher größte und auch am längsten laufende Untersuchung zur wissenschaftlichen Arbeitsweise von Doktoranden, die der Generation Y angehören. Mit Generation Y wird in diesem Bericht die Altersstufe der zwischen 1982 und 1994 geborenen Personen verstanden. Allgemein wird die Generation Y als die Nachfolgegeneration der sogenannten "Baby Boomer"-Generation angesehen, d.h. der meist geburtenstarken Jahrgänge der Nachkriegszeit.  

Die Ursprünge für dieses Projekt gehen auf das Jahr 2007 zurück, als man das Informationsverhalten der Google Generation untersuchte. Die Generation Y unterscheidet sich dabei von den Digital Natives, da sie größtenteils in einer technologiefreien Umwelt aufgewachsen sind und erst später in der Schule Zugang zu Computer und Internet erhielten. Die Digital Natives sind dagegen schon vor Schulbeginn bzw. in den ersten Klassenstufen mit Internet und diversen Endgeräten in Kontakt gekommen. Trotzdem dürfte der im Vergleich zu älteren Nutzergruppen, wie den Baby-Boomern, relativ früh erlernte Umgang mit Internettechnologie deutliche Spuren im Informationsverhalten der Generation Y hinterlassen haben.

Insgesamt haben sich über einen Zeitraum von drei Jahren, d.h. von Juni 2009 bis Dezember 2011, mehr als 17.000 Doktoranden aus 72 britischen Hochschulen an einer oder mehreren der jährlichen Umfragen beteiligt. Dabei wurden 13.600 Fragebögen komplett ausgefüllt. Nur diese vollständigen Antwortbögen wurden für die Auswertung herangezogen. Zusätzlich wurden noch mit 60 ausgewählten Vollzeit-Doktoranden qualitativ vertiefende Langzeitbefragungen durchgeführt. Als Vergleichsgruppe...

Um den Artikel in voller Länge lesen zu können registrieren Sie sich doch einfach bei uns | oder melden Sie sich an (Login)

Mehr zum Thema:

Gen Z und Millennials lieben digitale Medien UND Bibliotheken

Die Generation Z und Millennials, die für ihre tiefgreifende Verbindung zur digitalen Welt bekannt sind, zeigen überraschenderweise auch eine starke Affinität zu physischen Bibliotheken, wie neue Studien der American Library Association zeigen – die Ergebnisse sind...

Auskunfts- und Informationsdienste in Bibliotheken

Die Studie Reference service in libraries like mine: A comparison of current reference service in libraries serving medium, small, and very small institutions von Julie E. Sweeney (Ryan Library, Point Loma Nazarene University, USA)1 zielt darauf ab, die Lücke in der...

Die transparente Dokumentation von Cultural Heritage Datasets

Angesichts der Probleme in Bezug auf Datenqualität und unzureichende Dokumentation von Datensätzen hat die Machine Learning Community begonnen, standardisierte Verfahren zur Erstellung von Datenblättern für maschinelles Lernen zu entwickeln. Das Hauptziel besteht...