Das digitale Leben im Jahr 2025
Datum: 15. Juni 2014
Autor: Erwin König
Kategorien: Studien

Nicht wenige Experten sind heute der Meinung, dass das Internet der Dinge sowie am Körper tragbare Computertechnologie ("Wearables") die nächste digitale Revolution auslösen werden. Positive Effekte dieser Revolution wären demnach weitreichende Verbesserungen im Gesundheitswesen, in Produktivität, Sicherheit und gewaltig mehr Informationen für Menschen und Unternehmen. Negative Folgen dieser Entwicklung sind Abstriche bei der Privatsphäre des Einzelnen, massiv übertriebene Erwartungen sowie technische Komplexität. Die unabhängige Forschungsorganisation Pew Research Center beobachtet zu diesem Thema seit einiger Zeit die laufenden Entwicklungen. Im Folgenden werden die Ergebnisse einer kürzlich veröffentlichten Studie dieser Forschungseinrichtung wiedergegeben und beurteilt.

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Zuerst ein Zitat aus "The Naked Future: What Happens In a World That Anticipates Your Every Move?" von Patrick Tucker: "Im Jahr 2008 ist die Anzahl der mit dem Internet verbundenen Geräte zum ersten Mal größer gewesen als die Anzahl der Menschen auf der Erde. 2013 sind es nach Prognosen von Cisco 13 Mrd. Geräte und im Jahr 2020 werden es dann schätzungsweise 50 Mrd. internetverbundene Geräte sein. Dies umfasst Mobiletelefone, Sensoren, Implantate und Geräte, die wir heute noch gar nicht kennen." Er fährt dann fort und zählt verschiedene Vorteile des Internets der Dinge auf, wie die Reduzierung der Kosten für medizinische Diagnosen, Erhöhung der Verkehrssicherheit in Städten und auch eine bessere Planung unseres persönlichen und beruflichen Alltags. Wir betreten damit das neue telemetrische Zeitalter, d.h. eine Zeit, in der wir bei allem, was wir tun, neue Informationen produzieren. Mit den fallenden Kosten für Computerprozessoren werden wir immer mehr dieser datensammelnden Geräte in unser alltägliches Leben integrieren.

Insgesamt 1.606 Fachleute antworteten auf die folgende Frage von Pew, und zwar, ob mit den vielen Milliarden von Internet-verbundenen Geräten im Jahr 2025 sich das Internet der Dinge dann umfassend verbreitet hat und die Nutzen daraus für die Öffentlichkeit spürbar sein werden? 83% antworteten hierauf mit "Ja" und 17% mit "Nein". Anschließend wurden diese Experten aufgefordert, ihre Antwort näher zu begründen. Durch diese Antworten finden sich immer wiederkehrende Themen, welche sind:

  • Das Internet der Dinge und am Körper tragbare Computertechnologie werden zwischen heute und dem Jahr 2025 einen großen Entwicklungsschritt machen. Beispiele für solche Entwicklungen durch das Internet der Dinge sind Chips und Sensoren zur Selbstkontrolle von Patienten in Echtzeit bzw. zur Weiterleitung solcher Daten an medizinische Dienstleister, oder auch Fernbedienungs-Apps zur Steuerung und Überwachung von Häusern und Wohnungen in Abwesenheit der Bewohner. Sogenannte intelligente Städte können mittels Sensoren und GPS-Positionsanzeigen den Verkehrsfluss innerhalb einer Stadt besser regeln, sowie auch Warnungen und Vorschläge für Pendler in Echtzeit weitergeben.
  • Die reale Umsetzung dieser datenüberfluteten Welt lassen aber erhebliche Bedenken bezüglich Privatsphäre und der Fähigkeit des Einzelnen, sein Leben noch selbst steuern zu können, aufkommen. Wenn alltägliche Aktivitäten unseres Lebens fortlaufend überwacht werden und die Menschen ständig Informationen und Daten produzieren, werden auch die Profile und die Zielgruppenerfassung der Menschen immer genauer werden, was soziale, ökonomische und politische Kämpfe verstärken werden.
  • Die Informations-Schnittstellen werden sich weiter entwickeln, besonders bei den Sprach- und berührempfindlichen Befehlen von prozessorbetriebenen Endgeräten. Allerdings wird die Gehirn-Netzwerk-Verbindung für die meisten Menschen im Jahr 2025 nicht zu ihrem Alltag gehören.
  • Das Internet der Dinge wird komplexe und unbeabsichtigte Folgen nach sich ziehen. Wir werden in einer Welt leben, wo viele Dinge nicht funktionieren, und niemand wird wissen, wie man diese Probleme löst.
  • Das Internet der Dinge wird zu einer Kluft in der Gesellschaft führen, analog zu der digitalen Kluft, nur vermutlich einschneidender. So wird es im Jahr 2025 Menschen geben, die nicht vernetzt sind und auch jene, die solch eine Vernetzung ablehnen. Diese Bevölkerungsteile könnten möglicherweise entrechtet werden.
  • Durch die Reaktionen des Einzelnen und von Organisationen auf das Internet der Dinge werden die Beziehungen unter den Menschen und mit Gruppen aller Art umgestaltet.

Das Internet der Dinge wird laut den Umfrageteilnehmern in den nächsten Jahren in vielen Bereichen sichtbar werden:

  • Körper: Damit sind natürlich die so genannten Wearables gemeint. In der Zukunft werden viele Menschen Geräte an ihrem Körper tragen, die sich mit dem Internet verbinden, während sie ihre Gesundheit, Aktivitäten und Fitness kontrollieren und steuern. Diese Geräte werden aber auch Dritte, wie z.B. Kinder oder Beschäftigte beobachten (Anmerkung: "Kontrollieren" ist wohl hier der zutreffendere Begriff), die ebenfalls solche Sensoren mit sich rumtragen oder sich innerhalb von Orten befinden, wo es solche Sensoren hat.

  • Haushalte: Menschen werden zukünftig in der Lage sein, fast alle Funktionen in ihren Häusern oder Wohnungen fernzusteuern, wie z.B. zu heizen oder den Garten zu bewässern. Mit diesen Sensoren im eigenen Heim wird es auch möglich sein Warnungen vor geborstenen Wasserleitungen oder über verdächtige Personen vor dem Haus zu erhalten.

  • Communities: Integrierte Geräte und Smartphone Apps werden effizientere Verkehrstransporte oder auch Hinweise auf bestehende Umweltbelastungen ermöglichen. "Intelligente Systeme" werden auch dafür sorgen, dass Strom und Wasser effizienter genutzt werden sowie Informationen über bestehende Infrastrukturprobleme (Staus, Baustellen, Verspätungen im öffentlichen Verkehr etc.) weitergeben.

  • Güter und Dienstleistungen: Fabriken und ihre Lieferketten werden mit Sensoren und Lesegeräten ausgestattet sein, die es erlauben, die Materialien genauer nachzuverfolgen, um den Herstellungs- und Vertriebsprozess zu beschleunigen und reibungsloser zu machen.

  • Umwelt: Echtzeit-Messwerte von Feldern, Wäldern, Meeren und Städten über Umweltverschmutzung, Bodenfeuchte und Rohstoffabbau werden es erlauben, diese Probleme genauer zu beobachten.

Das Internet der Dinge ist - wie alle neuen Technologien - eine Münze mit zwei Seiten. Je nach Sichtweise überwiegen die negativen (Einschränkung der Privatsphäre, Dauerüberwachung durch den Staat oder Unternehmen, etc.) über die positiven (bessere medizinische Betreuung, Vereinfachung unseres Alltags etc.) Auswirkungen und umgekehrt. Erst in den nächsten Jahrzehnten wird man konkret sehen, welche Seite hier in der Realität überwiegt. Eine neue Technologie prinzipiell aus reiner Angst abzulehnen, dürfte allerdings auch in diesem Fall kein guter Ratgeber sein. Zudem lässt sich technologischer Fortschritt ohnehin kaum aufhalten. Trotzdem sollte eine kritische, vielleicht sogar sehr kritische Einstellung, gegenüber dem Internet der Dinge - bei allen seinen fantastischen Möglichkeiten - eingenommen werden. Bereits heute ist sichtbar und absehbar, dass wir immer weniger Kontrolle über die Technologie haben. Dazu reicht ein Blick auf die unaufhörliche Reihe von Passwort- und Datendiebstahlvorfällen oder Sicherheitslücken in Hardware, Software und Websites. Unsere gesamte technologische Infrastruktur, und damit auch ein Großteil unserer Gesellschaft und Wirtschaft, sind inzwischen so fragil, dass eigentlich komplett neue Ansätze bei Software- und Hardwareentwicklung sowie auch dem Internet benötigt werden.

Quelle: Anderson, Janna; Rainie, Lee: "The Internet of Things Will Thrive by 2025"; May 2014, online verfügbar unter http://www.pewinternet.org/2014/05/14/internet-of-things/

Schlagworte: Datenschutz, Internet der Dinge, Privatsphäre, Sensoren, Technologie-Trends, Wearables

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