Bücher als ein Werkzeug zum Wissenstransfer
Datum: 3. August 2012
Autor: Erwin König
Kategorien: Fachartikel

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Die in wissenschaftlichen Fachzeitschriften enthaltene Managementliteratur zum Thema Wissensmanagement gilt unter Praktikern als nicht sonderlich relevant, bzw. ist für die tägliche Arbeit in Unternehmen und Organisationen kaum geeignet. So zumindest ist der Tenor unter vielen Wissensmanagern. Mit dem folgenden Beitrag wird versucht zu klären, ob Bücher ein effektiveres Instrument zur Vermittlung von Wissen innerhalb einer Organisation sind als Fachzeitschriften, und ob Peer-Reviewed-Fachartikel in Management-Fachbüchern berücksichtigt werden. Dazu wird mittels einer empirischen Zitationsanalyse von 40 Büchern sowie einer Umfrage unter 35 Autoren versucht Anhaltspunkte für diese These zu finden.

Das Wissensmanagement (WM), inklusive dem Teilgebiet intellektuelles Kapital (Intangibles, Wissensbilanz), ist ein relativ neues und aufkommendes Management-Fachgebiet, das in den letzten Jahren sehr schnell Anerkennung im Wirtschafts- und Unternehmensbereich gefunden hat. Diese Disziplin ist inzwischen auch im wissenschaftlichen Betrieb dank diverser Theorien, eigener Zeitschriften und Studiengänge fest verankert. Kritisch für den weiteren Erfolg dieses wissenschaftlichen Fachgebiets ist aber der praktische Nachweis der verschiedenen Wissensmanagement-Theorien in einem organisatorischen oder unternehmerischen Umfeld. Allerdings wird der Erfolg des Wissensmanagements von Akademikern sowie Praktikern in dieser Disziplin unterschiedlich definiert. Wissenschaftler konzentrieren sich überwiegend auf theoretische und allgemeine Kennzahlen, während die Praktiker auf spezifische messbare Einflussfaktoren abzielen, wie Produktivitätssteigerungen oder allgemeine Effizienzverbesserungen. Außerdem unterscheiden sich die Ziele bei Theorie und Praxis. Während die Akademiker aus diesem Feld in erster Linie Bestätigung innerhalb der Wissenschaftsgemeinde suchen, wollen die Praktiker die wissenschaftliche Forschung in diesem Bereich nutzen, um handfeste organisatorische Problem zu lösen. Ebenso gibt es Anzeichen, dass die akademische Wissensmanagement-Terminologie nur wenig Relevanz für Berufsfachleute hat.

Ursprünglich wurde die Wissensmanagement-/Intangibles-Disziplin sowohl von Akademikern als auch Berufsfachleuten getragen. So hat 1994 der Nicht-Akademiker-Anteil an Wissensmanagement-Fachartikeln mit Peer Review-Prozess noch 30% betragen. Bis 2009 ist dieser Wert auf 10% gesunken. Die Frage ist nun, wie der Prozess des Wissenstransfers in diesem Fachgebiet von Akademikern zu Berufspraktikern abläuft, und ob bei dieser Art der Wissensverbreitung ein Problem besteht, die diese Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis verursacht hat.

Grundsätzlich stehen zwei Wege zur Wissensverteilung zur Verfügung. Die erste ist die direkte Methode, d.h. die Berufsfachleute bilden sich selbst weiter und lesen die von den Wissensmanagement-Forschern verfassten Fachbücher, Fachartikel, und Konferenzbeiträge. Untersuchungen zu diesem Thema deuten aber darauf hin, dass dies wohl eher nicht der Fall ist. Für viele Praktiker ist die vorliegende WM-Literatur zu kompliziert, nicht nützlich oder schlicht nicht aktuell genug. Der zweite, indirekte Verteilungsweg zu den Praktikern geschieht über einen Wissenstransfer-Prozess mittels Zusammenfassung und Verdeutlichung von Zusammenhängen. Dabei wird etwa das Wissen aus von Experten geprüften Fachzeitschriften in kompakter und einfach verständlicher Weise präsentiert. Beispiele für diesen Mechanismus sind Schulungen, Workshops, Branchenzeitschriften, Onlinequellen und Bücher. Aufbauend auf einer früheren Arbeit eines der Autoren dieses Beitrags wird nun die Eigenschaft von Büchern als eine indirekte Wissenstransfer-Methode genauer analysiert.

 

Traditionell haben Zeitschriften, die mittels Peer Review geprüft wurden, schon seit Jahrhunderten eine entscheidende Rolle in der Verbreitung wissenschaftlicher Erkenntnisse gespielt. Wissenschaftliche Zeitschriften dienen aber auch für Universitäten als eine Leistungsüberprüfung, da mittels Zitierungshäufigkeit von Artikeln die Relevanz einer Fakultät gemessen werden kann. Laut dem bekannten Zeitschriftenverzeichnis von Ulrichs gibt es weltweit über 43.500 wissenschaftliche Zeitschriften, die jährlich ungefähr 1,35 Mio. Fachartikel publizieren. Diese Fachartikel haben einige Nachteile, die Nichtwissenschaftler von der Nutzung abhalten. Dazu zählt eine spezifische Fachsprache, die es Nicht-Akademikern schwer macht, die Beiträge zu verstehen. Im Gegensatz dazu haben wissenschaftliche Bücher diese Nachteile mehrheitlich nicht, da solche Begriffe dort meist ausführlich erläutert werden, und werden deshalb auch von Nicht-Wissenschaftlern gelesen. Basierend auf diesen Unterscheidungen zwischen wissenschaftlichen Zeitschriften und Büchern wird mittels Zitationsanalyse untersucht, ob Bücher sich zur Wissensaneignung auch für Wissensmanagement-Praktiker eignen.

Die vorliegenden Untersuchungsresultate zeigen, trotz gewisser Einschränkungen wie die Wahl ausschließlich englischer Wissensmanagement-Literatur, dass wissenschaftlicher Bücher gut als ein Transferinstrument für die indirekte Wissensverbreitung von Wissenschaftlern zu Praktikern in diesem Fachgebiet funktionieren. So enthalten die untersuchten Wissensmanagement-Bücher insgesamt 20,4% Zitate aus Peer-Review-Zeitschriften, bzw. dienen knapp 40% der Zitierungen aus diesen Zeitschriften als eine wichtige Quelle. Ein weiteres Ergebnis ist, dass Bücher, die von Herausgebern publiziert werden, wesentlich mehr Verweise aus Peer-Review-Zeitschriften enthalten, als Autorenbücher (25,6% zu 13,4%). Die Studie wirft aber Fragen zu weiteren, indirekten Wissensverteilungskanälen auf. So sollten in Zukunft auch indirekte Kanäle wie Berater, Workshops oder Fachtreffen auf ihre Wirksamkeit für den Wissenstransfer untersucht werden. Allgemein ist das Thema des indirekten Wissenstransfers gerade für Informationsspezialisten sehr wichtig. Informationseinrichtungen sind im Prinzip die Zentralen der indirekten Wissensvermittlung. Kann man hier empirische Nachweise führen, dürfte es auch leichter werden, die für die Benutzer erbrachten Mehrwerte genauer zu beziffern.

Quelle:
Serenko, Alexander; Bontis, Nick; Moshonsky, Madora: "Books as a knowledge translation mechanism: citation analysis and author survey"; in: Journal of Knowledge Management, 2012, Vol. 16, No. 3, 495-511

 

Die in wissenschaftlichen Fachzeitschriften enthaltene Managementliteratur zum Thema Wissensmanagement gilt unter Praktikern als nicht sonderlich relevant, bzw. ist für die tägliche Arbeit in Unternehmen und Organisationen kaum geeignet. So zumindest ist der Tenor unter vielen Wissensmanagern. Mit dem folgenden Beitrag wird versucht zu klären, ob Bücher ein effektiveres Instrument zur Vermittlung von Wissen innerhalb einer Organisation sind als Fachzeitschriften, und ob Peer-Reviewed-Fachartikel in Management-Fachbüchern berücksichtigt werden. Dazu wird mittels einer empirischen Zitationsanalyse von 40 Büchern sowie einer Umfrage unter 35 Autoren versucht Anhaltspunkte für diese These zu finden.

Das Wissensmanagement (WM), inklusive dem Teilgebiet intellektuelles Kapital (Intangibles, Wissensbilanz), ist ein relativ neues und aufkommendes Management-Fachgebiet, das in den letzten Jahren sehr schnell Anerkennung im Wirtschafts- und Unternehmensbereich gefunden hat. Diese Disziplin ist inzwischen auch im wissenschaftlichen Betrieb dank diverser Theorien, eigener Zeitschriften und Studiengänge fest verankert. Kritisch für den weiteren Erfolg dieses wissenschaftlichen Fachgebiets ist aber der praktische Nachweis der verschiedenen Wissensmanagement-Theorien in einem organisatorischen oder unternehmerischen Umfeld. Allerdings wird der Erfolg des Wissensmanagements von Akademikern sowie Praktikern in dieser Disziplin unterschiedlich definiert. Wissenschaftler konzentrieren sich überwiegend auf theoretische und allgemeine Kennzahlen, während die Praktiker auf spezifische messbare Einflussfaktoren abzielen, wie Produktivitätssteigerungen oder allgemeine Effizienzverbesserungen. Außerdem unterscheiden sich die Ziele bei Theorie und Praxis. Während die Akademiker aus diesem Feld in erster Linie Bestätigung innerhalb der Wissenschaftsgemeinde suchen, wollen die Praktiker die wissenschaftliche Forschung in diesem Bereich nutzen, um handfeste organisatorische Problem zu lösen. Ebenso gibt es Anzeichen, dass die akademische Wissensmanagement-Terminologie nur wenig Relevanz für Berufsfachleute hat.

Ursprünglich wurde die Wissensmanagement-/Intangibles-Disziplin sowohl von Akademikern als auch Berufsfachleuten getragen. So hat 1994 der Nicht-Akademiker-Anteil an Wissensmanagement-Fachartikeln mit...

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