Zahlen zur globalen Informationsgesellschaft
Datum: 31. Oktober 2012
Autor: Erwin König
Kategorien: Kurz notiert

Die Internationale Fernmeldeunion (engl. International Telecommunication Union – ITU) hat neue Statistiken zur Entwicklung der globalen Informationsgesellschaft vorgelegt. Aus diesen geht hervor, dass weltweit die Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) weiterhin auf Wachstumskurs bleibt und so einen immer größeren Anteil auch an der Wertschöpfung der einzelnen Volkswirtschaften einnimmt. Nach diesem Bericht ist Südkorea dasjenige Land mit der am weitesten fortgeschrittenen IKT-Wirtschaft. Dahinter folgt eine nordeuropäische „Armada“ mit Schweden vor, Dänemark, Island und Finnland. Die deutschsprachigen Länder, d.h. Schweiz, Deutschland und Österreich liegen auf den Plätzen 10, 16 und 19.

Zur Bestimmung hat die ITU zwei verschiedene Benchmark-Indizes entwickelt, den ICT Development Index (IDI) sowie den ICT Price Basket (IPB). Der IDI legt anhand von 11 zusammengefassten Indikatoren den Stand der IKT-Entwicklung in 155 Ländern dieser Welt fest. Der IPB misst allgemein gesprochen die Kosten für den Zugang zu den IKT-Dienstleistungen in 165 Ländern. Anhand dieser Indikatoren und Indizes werden die einzelnen Länder in einer Rangliste gewertet.

Die Untersuchung der ITU beinhaltet u.a. folgende Resultate:

  • Die Anzahl der Mobiltelefonanschlüsse ist letztes Jahr um 600 Mio. weiter angestiegen und erreicht weltweit insgesamt 6 Mrd. Anschlüsse. Damit besitzen statistisch gesehen 86% der Weltbevölkerung einen Mobiltelefonanschluss. Als Wachstumsmärkte erweisen sich hier insbesondere die Entwicklungsländer.
  • Ende 2011 waren ca. 2,3 Mrd. Bürger online, also mehr als ein Drittel der gesamten Weltbevölkerung. Gegenüber dem Vorjahr bedeutet dies eine Zunahme von 11%. Während in den wohlhabenden Industriestaaten durchschnittlich 70% der Bevölkerung über einen Internetanschluss verfügen, sind dies in den Entwicklungsländern aber erst 23%. Hier muss man weiterhin von einer digitalen Kluft zwischen reichen und armen Staaten sprechen.  
  • Zu der wachsenden Verbreitung von Internetanschlüssen auf der Erde tragen in erster Linie die mobilen Internetanschlüsse bei. Inzwischen besitzen weltweit doppelt so viele Menschen mobile wie fixe Internetanschlüsse, nämlich 1,1 Mrd. oder 16% der Erdbevölkerung. Das Wachstum in den Entwicklungsländern ist bei den mobilen Internetanschlüssen mit 78% deutlich höher als in den Industrieländern mit 23%. Zum Vergleich: Die kabelgebundenen, stationären Internetanschlüsse lagen Ende 2011 bei knapp 600 Mio., was einer Durchdringungsrate von 8,5% entspricht.
  • Eine Sättigung beim Wachstum für mobile Internetanschlüsse ist aktuell nicht zu erkennen. Für die nächsten Jahre wird weiterhin mit zweistelligen Zuwachsraten gerechnet.
  • Ein Grund für die weiter steigende Anzahl von Internetanschlüssen wird von der ITU in den schnell fallenden Preisen für alle Arten von Internetdiensten gesehen. Von 2008 bis 2011 sind die Preise für Internetdienstleistungen global im Durchschnitt um 30% gesunken. Überraschenderweise sind die größten Preisreduzierungen bei den fixen Internetanschlüssen zu verzeichnen, die in dem Zeitraum von 2008 bis 2011 sogar weltweit durchschnittlich um 75% zurückgegangen sind.
  • In den Entwicklungsländern stellt sich die Situation bezüglich der Preise für Internetdienste etwas anders dar. Dort sind die Preise für mobile Breitband-Internetanschlüsse mit denen von stationären Breitbandzugängen praktisch gleichwertig. Zudem sind allgemein die Preise für mobile Internetdienste für die Bevölkerung relativ kostengünstig erhältlich, sodass ein großes Potenzial für weiteres Online-Wachstum in diesen Ländern besteht.
  • Die IKT-Branche ist nach den Zahlen der ITU inzwischen auch zu einem einflussreichen Wirtschafts- und Wertschöpfungsfaktor für die globale Wirtschaft geworden. So beträgt der Anteil der weltweiten Exporte allein für IKT-Güter mittlerweile knapp 12% am gesamten globalen Warenhandel. Die Umsätze aus IKT-Dienstleistungen erreichten 2010 1,5 Billionen USD, was 2,4% des gesamten Weltsozialprodukts entspricht.
  • Für die Telekommunikationsunternehmen werden die Entwicklungsländer als Wachstumsmärkte immer interessanter. Während die Umsätze in den Industriestaaten in den letzten Jahren eher stagnieren, haben diese in den Entwicklungsländer zwischen 2007 und 2010 um 22% zugelegt.
  • Die Entwicklung der globalen Informationsgesellschaft in den letzten Jahren kann auch anhand der Gesamtzahl der Anschlüsse sowie der effektiven Datenübertragungskapazitäten abgelesen werden. Vergleicht man die Gesamtzahl aller Kommunikationsanschlüsse (analog und digital, d.h. Telefon, Radio, TV, Internet etc.), haben sich diese Anschlüsse von 2,7 Mrd. (1986) auf 10,7 Mrd. (2007) in diesen 20 Jahren mehr als verdreifacht. Die effektiven Datenübertragungsleistungen nahmen von 1986 bis 2007 sogar um den Faktor 4,5 zu, und zwar von 432 Exabytes zu nun fast 2 Zettabytes.

Zusammengefasst zeigt der ITU-Bericht, dass die IKT-Branche sich in vielen Bereichen immer noch auf Wachstumskurs befindet. Die Transformation von analogen zu digitalen Informationen ist noch lange nicht abgeschlossen. Besonders das mobile Internet und die dazugehörigen Internetdienste versprechen auch in den nächsten Jahren eine überdurchschnittliche Entwicklung. So besteht in den Entwicklungsländern bei den mobilen Internetanschlüssen ein recht hohes Wachstum. Allerdings ist der Rückstand der Entwicklungs- und Schwellenländer bei der Gesamtzahl an Internetanschlüssen auf die Industrienationen immer noch gewaltig. Zu beachten ist auch, dass in den Industriestaaten die erhältlichen Internetanschlüsse durchschnittlich doppelt so weit entwickelt sind – gemessen an dem IDI-Wert – wie in den Entwicklungsländern. Arme Länder laufen aufgrund der unzureichenden Informationsversorgung ihrer Bürger Gefahr, sich weiteren Rückstand bei der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit einzuhandeln. Gerade in Zeiten mit explodierenden Informationsmengen besteht die Gefahr, dass hier ein kaum mehr überbrückbarer Graben entstehen könnte. Ereignisse wie der arabische Frühling veranschaulichen aber, dass eine funktionierende Informationsinfrastruktur nicht nur ökonomische Vorteile für die Bevölkerung haben kann, sondern auch soziale und politische. Die von der ITU mit der Unesco und großen Telekommunikations-unternehmen gemeinsam vereinbarte Quote von weltweit 60% Internetanschlüssen bis 2015, dürfte trotzt steigender mobiler Internetanschlüsse wohl nur sehr schwer zu erreichen sein.

Die deutschsprachigen Länder (D-A-CH) schneiden bei dieser Untersuchung eher mittelprächtig ab. Deutschland und die Schweiz haben jeweils einen Ranglistenplatz verloren und Österreich drei gewonnen. Im Vergleich zu Südkorea und den nordischen Ländern bleibt aber weiterhin ein deutlicher Rückstand bei der Internet-Infrastruktur bestehen. Hier ist eindeutig die Politik gefordert, mehr in die heimische Internet-Infrastruktur zu investieren und nicht nur in neue Autobahnen bzw. Autobahnteilstücke.

Quelle: International Telecommunication Union (Hrsg.): „Measuring the Information Society 2012“; Oktober 2012, online verfügbar unter http://www.itu.int/ITU-D/ict/publications/idi/material/2012/MIS2012_without_Annex_4.pdf (Anmerkung: Anhang 4 ist nur kostenpflichtig über die Homepage der ITU erhältlich, Pressemitteilung unter http://www.itu.int/net/pressoffice/press_releases/2012/70.aspx)

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