Update globaler E-Book-Markt
Datum: 30. Oktober 2012
Autor: Erwin König
Kategorien: Studien

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Eine von dem O'Reilly-Verlag 2011 herausgegebene Studie zum weltweiten Buchmarkt mit Fokus auf E-Books wurde in einer neuen Auflage mit neuen Daten und Fakten für 2012 aktualisiert. Die vorliegenden Zahlen weisen speziell für die zwei führenden E-Book-Märkte – USA und Großbritannien – ein weiter explosives Wachstum nach und geben Hinweise, dass sich zumindest in diesen zwei Ländern elektronische Bücher bei den Usern bereits durchgesetzt haben. In Ergänzung zu der ersten Auflage findet man hier auch ein Kapitel zum Problem der illegalen Verbreitung von E-Books. Dazu wird ein Ausblick auf die mögliche zukünftige Entwicklung des elektronischen Buchmarkts präsentiert. Der Bericht ist nach einzelnen Ländern unterteilt. Analysiert werden die Märkte der USA, wichtiger europäischer Länder wie Deutschland und Frankreich, sowie die der BRIC-Länder, Brasilien und China, sowie auch der arabische Buchmarkt.

Nachfolgend zuerst die wichtigsten Fakten zu den drei großen Buchmärkten USA, Großbritannien und Deutschland.

Marktübersicht USA

Gesamt Buchmarktgröße (Print plus E-Books):

2011: 27,2 Mrd. US$  oder -2,5% gegenüber 2010 (2010: 27,94 Mrd. US$)

Neue Titel pro 1 Mio. Einwohner:

939

Erhältliche E-Book-Titel (über Verlage):

950.000

Marktanteil von E-Books:

25% (2011: 6,2% / Belletristik 13,6%)

Wichtigste Marktbestimmungen:

Keine Buchpreisbindung

Die USA sind und bleiben das E-Book-Land Nr. 1 auf der Welt. Nirgendwo sonst haben Verlage und Verbraucher so schnell das neue digitale Format aufgegriffen wie in den Vereinigten Staaten. Die Popularität der E-Books sowie auch der entsprechenden Lesegeräte lässt sich an den weiterhin eindrucksvollen Wachstumsraten ablesen. 2012 sind E-Books in den USA fast schon zu einem Allgemeingut geworden. So ist der Marktanteil der E-Books am gesamten Buchmarkt von 6,2% (2011) auf inzwischen 25% angestiegen. Einen interessanten Trend hat der Buchverlags Bowker bei den Lesegeräten gefunden. Laut dieser Studie haben Tablet-PCs die spezifischen E-Bookreader als die beliebtesten Lesegeräte für elektronische Bücher abgelöst.

Der führende Verteiler für Bücher in den USA ist nach dem wirtschaftlichen Untergang der Buchhandelskette Borders der Online-Händler Amazon.com. Der Marktanteil von Amazon beträgt 29% (1. Quartal 2012) vor Barnes & Noble mit 20%.

Marktübersicht Großbritannien

Der britische E-Bookmarkt ist der einzige europäische Markt, der in Größe und Wachstum mit den Vereinigten Staaten halbwegs mithalten kann. Gegenüber 2011 hat sich hier der Marktanteil von E-Books am gesamten Buchmarkt deutlich erhöht, und zwar von 7,2% auf 12,9%. In Umsätzen bedeutet dies eine Zunahme auf 85 Mio. GBP im ersten Halbjahr 2012 gegenüber 30 Mio. GBP im ersten Halbjahr 2011. Dagegen ist der gesamte britische Buchmarkt 2011 um 2% gesunken. Führend bei digitalen Veröffentlichungen sind in Großbritannien weiterhin wissenschaftliche Verlage wie Taylor and Francis, Springer, Pearson, Penguin und Bloomsbury. Großbritannien, wie auch die USA, haben zudem den großen Vorteil, bei der Preisfestsetzung relativ frei zu sein, da keine staatlichen Marktregulierungen vorhanden sind.

Marktübersicht Deutschland

Gesamte Buchmarktgröße (Print plus E-Books):

9,601 Mrd. € (2011: 9,691 Mrd. €)

Jährlich neu veröffentlichte Buchtitel:

96.273 (2011: 93.124)

Neue Titel pro 1 Mio. Einwohner:

1.138

Erhältliche E-Book-Titel (über Verlage):

ca.80.000 EPUB, 115.000 PDF (2011: ca. 25.000)

Marktanteil von E-Books:

2012 geschätzt 2% (2011: 1%)

Wichtigste Marktbestimmungen:

Buchpreisbindung für gedruckte Bücher, 7% Mehrwertsteuer für gedruckte Bücher, 19% Mehrwertsteuer für E-Books; der Börsenverein des deutschen Buchhandels setzt sich zudem für eine Ausweitung der Buchpreisbindung auf E-Books ein

Der deutsche Buchmarkt (Print und digital zusammen) ist von Januar bis August 2012 um 2,3% geschrumpft. Der Anteil der E-Books am gesamten Buchmarkt wird sich 2012 geschätzt auf 2% erhöhen (2011: 1%). Getragen wird diese Zunahme in Deutschland vorwiegend durch die E-Book-Titel der Verlage Random House, Holtzbrinck und Bonnier (Ullstein, Piper). Allerdings verspricht eine neue Generation an kostengünstigen elektronischen Lesegeräten und Tablet-PCs, die weitere Verbreitung von E-Books in Deutschland positiv zu beeinflussen (siehe auch weiter unten, Studie des BITKOM zum Absatz von E-Readern in Deutschland). Ob der Marktanteil, wie prognostiziert, 2015 wirklich 15% erreichen kann, wird sich noch erweisen müssen. Allgemein ist die Begeisterung in der deutschen Bevölkerung für das Buchlesen mit elektronischen Lesegeräten im Vergleich zu den USA noch immer als relativ gering zu bezeichnen.

Interessant ist auch ein Vergleich der durchschnittlichen Buchpreise gemessen an den Top 10 Belletristik-Bestsellern in der ersten September-Woche 2011:

 

Land

Ø

Listenpreis (in €)

Ø

Verkaufspreis für gedruckte Bücher (in €)

Ø

Preisnachlass (in %)

Ø

Verkaufspreis für E-Books (in €)

Ø

Preisspanne E-Book gegenüber Verkaufspreis Print (in %)

USA

18,73

10,68

43

9,71

9

Großbritannien

19,49

11,33

42

10,13

11

Frankreich

20,98

19,93

5

15,80

21

Deutschland

16,35

16,35

0

12,66

23

Hier noch einige weitere Aussagen aus dieser Studie:

  • In einer wachsenden Anzahl der sogenannten Schwellenländer kann sich inzwischen ein großer Teil der Bevölkerung mobile Internetanschlüsse leisten (siehe hierzu auch in der Rubrik „Kurz notiert“ den Beitrag „Zahlen zur globalen Informationsgesellschaft“ weiter unten in dieser Ausgabe). Digitaler Content, wie eben E-Books, ist somit grundsätzlich auch in diesen Ländern wesentlich einfacher und kostengünstiger zu erhalten als es Printerzeugnisse sind.
  • Bisher hat es nur eine sehr kleine Gruppe von führenden Verlagen – dazu zählen Pearson, Hachette, Random House, HarperCollins, Oxford, Cambridge, Wiley, Cengage, Thomson Reuters und Reed Elsevier – geschafft, globale Netzwerke zu spinnen, um auch lokale Niederlassungen zu eröffnen.
  • Gleichzeitig wird ein Trend festgestellt hin zu einer stärkeren Lokalisierung des verfügbaren E-Book-Angebots durch das Engagement verschiedener nationaler Verlage. So dürften in Zukunft mehr Titel in lokaler Sprache und für lokale Themen produziert werden, was schlussendlich auch dazu führen wird, dass die Absatzzahlen für elektronische Bücher zunehmen werden.
  • Apple hat mit iTunes den Konsumenten zudem verdeutlicht, wie einfach digitaler Content heute weltweit verbreitet werden kann. 
  • Zum Thema Piraterie bei E-Books in Europa ist zu sagen, dass diese Diskussion leider durch andere Branchen, d.h. die Musik- und Filmindustrie, bestimmt, vermischt und beeinflusst wird. Wenn E-Books illegal im Internet angeboten werden, befinden sie sich vorwiegend auf DDL-Seiten (DDL steht für Direct Download Links) wie Rapidshare, Netload und ähnlichen Portalen. Im Gegensatz zu den gerade bei Musikfans beliebten P2P-Netzwerken ist die strafrechtliche Verfolgung und Erkennung der Uploader deshalb nur schwer möglich. Als ein Grund für den möglichen Anstieg von illegalen Downloads bei E-Books wird die als sehr zufällig empfundene Preisfestsetzung von elektronischen Büchern angesehen. Tatsächlich könnte Piraterie aber aus einem anderen Grund zu einem wichtigen Bestimmungsfaktor für die kommenden Marktchancen von E-Books werden. Springen die Verlage vor lauter Verunsicherung über dieses Phänomen auf den unerbittlichen Eindämmungszug der Musik- und Filmindustrie auf, könnte dies kontraproduktiv für das Image der Verlage und damit der zukünftigen Verkaufszahlen von E-Books sein.

Der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V. (BITKOM) hat passend zu dieser Publikation von O'Reilly neueste Zahlen über den Absatz von E-Readern in Deutschland publiziert. Laut dieser Pressemitteilung wird für 2012 eine Wachstumssteigerung um 247% oder 800.000 elektronische Lesegeräte erwartet. Das Umsatzwachstum für E-Reader steigt dabei um 163% auf 78 Mio. Euro gegenüber dem Vorjahr, was andeutet, dass die Geräte immer preisgünstiger geworden sind. Die Vergleichszahlen für 2011 lauten 230.000 (+240% gegenüber 2010) verkaufte E-Reader und das Umsatzwachstum beträgt 29,6 Mio. Euro (+118%). Der BITKOM prognostiziert für Deutschland nun den endgültigen Durchbruch der E-Books, da für die Verbraucher immer mehr Titel sowie gleichzeitig auch kostengünstige Lesegeräte zur Auswahl stehen. Für 2012 wird zudem noch einmal ein Wachstum von 78% für elektronische Lesegeräte auf dann 1,4 Mio. verkaufte Geräte vorhergesagt. Der Umsatz wird bei 128,5 Mio. Euro (+65%) erwartet.

Eine weitere aktuell zur Frankfurter Buchmesse veröffentlichte Studie des Instituts für Marketing und Medien an der Universität Hamburg besagt, dass digitale und gedruckte Bücher sich nicht ausschließen müssen. Laut dieser Untersuchung kommt es kaum zu den oft befürchteten „Kannibalisierungseffekten“. So würden mindestens 22% der E-Book-Leser gleichzeitig auch wenigstens drei gedruckte Bücher pro Jahr erwerben. Insgesamt geben die E-Book-Käufer durchschnittlich 50,62 Euro pro Jahr für elektronische Bücher aus. Für gedruckte Bücher wird in Deutschland gesamthaft pro Buchkäufer 115,67 Euro pro Jahr ausgegeben.

Bei diesen Ergebnissen fragt man sich, wo das Problem bei den Verlagen in Deutschland mit E-Books eigentlich genau liegt? Auch für Informationseinrichtungen sollte sich die Frage E-Books „Ja“ oder „Nein“ jetzt eigentlich nicht mehr stellen. Es bleibt nur die Frage, wie elektronische Bücher am besten an die Benutzer gebracht werden können. Verlage müssen also ein geeignetes Geschäftsmodell und Bibliotheken ein effizientes und sinnvolles Leihmodell finden.

Quelle: Wischenbart, Rüdiger: „The Global eBook Market: Current Conditions & Future Projections“; O’Reilly Media (Hrsg.), revised October 2012, die Studie ist nach einer Online-Registrierung kostenlos verfügbar unter http://shop.oreilly.com/product/0636920022954.do?sortby=publicationDate

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Schlagworte: 08-2012 | ebook

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