Technologie bestimmt immer stärker unser Leben
Datum: 6. März 2013
Autor: Erwin König
Kategorien: Kurz notiert

Die mobile Revolution ist längst auf dem Massenmarkt  angekommen und schreitet unaufhaltsam voran. Zu groß sind die offensichtlichen Vorteile durch die Nutzung von Mobiltelefonen, Smartphones und Tablet-Rechnern, als dass sich die Zeit nochmals zurückdrehen würde. Das britische Versicherungs-unternehmen Halifax hat in der ersten Ausgabe seines "Insurance Digital Home Index" nun untersucht, wie weit die britischen Bürger schon mit dem Technologie-Bazillus infiziert sind. Das Ergebnis ist klar und eindeutig: ein Großteil der britischen Bevölkerung kann als bildschirmabhängig bezeichnet werden.

Hier die wichtigsten Aussagen aus diesem Bericht:

  • Dreiviertel der Umfrageteilnehmer haben angegeben, dass sie nicht einen einzigen Tag ohne technische Geräte wie Smartphones, Laptops oder MP3-Player aushalten könnten.
  • Durch den Erfolg der mobilen Endgeräte ist eine neue Generation an Nutzern entstanden, die einfach nicht abschalten kann. Diese fühlen sich unwohl, wenn sie keinen Zugriff auf ihr Endgerät haben. Smartphones, Tablets und andere Geräte sind somit nicht einfach nur mehr Werkzeuge für die Arbeit, sondern Teil des alltäglichen Lebens geworden. Es erscheint aber, dass dies eher eine Belastung für die User ist, als eine Erleichterung zu sein.
  • Über 22 Mio. Briten – dies entspricht ein Viertel der britischen Gesamtbevölkerung – nutzen inzwischen ihre Geräte, um mit Freunden und Verwandten zu kommunizieren, selbst wenn sie sich im gleichen Haus befinden. 22% sprechen mit anderen Personen lieber über das Telefon oder mittels sozialen Medien, als persönlich von Angesicht zu Angesicht.
  • Fast jeder 10. Brite (9%) nutzt sein Telefon selbst während dem Mittagsessen. Betrachtet man nur die 18 bis 24 Jährigen, verdoppelt sich die Anzahl derjenigen, die selbst beim Essen nicht abschalten können oder wollen.
  • Auch analoge Medien finden immer weniger Platz im Leben dieser technologieabhängigen Generation. So speichern etwas mehr zwei Drittel (70%) der Briten ihre Musik in digitaler Form und knapp die Hälfte (46%) besitzen digitale Filme.
  • Im Durchschnitt besitzt jeder Brite technologische Geräte im Wert von 4.164 £. Frauen besitzen dabei Technologie im Wert von durchschnittlich 4.058 £ und Männer im Wert von 4.294 £.

Ausdruck dieser schon relativ weit verankerten Technologie-Mentalität findet sich auch in einer weiteren Untersuchung von Halifax. So sagt dort knapp ein Drittel (30%) der Briten, dass für sie die Verfügbarkeit von einem schnellen Internet-Breitbandzugang ein wichtiges Entscheidungskriterium ist, wenn es um die Frage eines Hauskaufes in einem bestimmten Ort oder Gegend geht. Bei dieser Frage scheint es allerdings einen kleinen Stadt-Land-Graben zu geben, da Städter das Vorhandensein eines schnellen Internets als ein essentielles Kriterium für den Hauskauf ansehen (32%), während nur 25% der Landbewohner das so sagen. Weiterhin meinen 20%, dass sie sogar bereit sind, für die Verfügbarkeit eines guten Breitbandanschlusses mehr für ihr Eigenheim zu bezahlen, wobei mehr als 2/3 (67%) in dieser Gruppe bereit wären, einen Aufschlag von bis 3% für ihr Haus zu bezahlen. Weitere 22% wären sogar bereit,  zwischen 4 und 10% mehr für den Hauskauf auszugeben, wenn sie nur in den Genuss einer schnellen Internetverbindung kämen.

Der Psychologe Dr. Aric Sigman kommentiert diese Resultate und zieht den Schluss, dass die Briten zu einem Volk der  Bildschirmabhängigen ("screen-aholics") werden. Er schätzt, dass jedes heute geborene Kind im Alter von 80 Jahren etwa ein Viertel seiner Lebenszeit dann mit dem Blick auf nicht-arbeitsbezogene Bildschirmtechnologie verbracht haben wird. Die Auswirkungen solch eines Verhaltens dürfte man in der Zukunft an  der Abnahme direkter Kontakte und sinkenden persönlichen Beziehungen ablesen können. Dr. Sigman erinnert in diesem Zusammenhang, dass die Technologie eigentlich nur ein Werkzeug zur Erleichterung des Lebens sein sollte, ohne zu einer Belastung oder einer Behinderung zu werden. Wie schwierig eine Umgewöhnung werden könnte, zeigt auch ein Beitrag des auf Mobiltechnologie spezialisierten Beraters Tomi Ahonen. Er weist nach, dass in einer Studie des Handyproduzenten Nokia aus dem Jahr 2010 nicht übertrieben wurde. Dort wurde bereits geschätzt, dass ein mobiler User heutzutage ca. 150mal pro Tag auf sein Mobiltelefon schaut, um eventuelle neue Meldungen oder Nachrichten nicht zu verpassen. Dies bedeutet im Durchschnitt wird alle 6,4 Minuten während eines 16-Stunden-Tags auf das Telefon geschielt. Ahonen ist sogar der Meinung, dass ein Wert von 150mal pro Tag eher als durchschnittlich zu beurteilen ist und nicht auf eine massive Abhängigkeit schließen lässt.

In Deutschland und anderen Industrienationen dürfte es nicht viel anders aussehen. Man kann sicher seine moralisch begründeten Zweifel haben, dass dies eine gute Entwicklung ist, allerdings lässt sich dieser Trend kaum mehr umkehren. Informationsspezialisten sollten sich auf diese neue Generation von "Bildschirmabhängigen" einstellen. Sie werden nämlich einen Großteil der potenziellen Benutzer in den nächsten Jahrzehnten ausmachen.

Quellen:

Ahonen, Tomi: "An Attempt to Validate the 150x Per Day Number Based On 'Typical User'"; Blogbeitrag vom 22. Januar 2013, online abrufbar unter http://communities-dominate.blogs.com/brands/2013/01/an-attempt-to-validate-the-150x-per-day-number-based-on-typical-user.html

Halifax (Hrsg.): "Good broadband a factor for nearly a third when choosing a home"; Pressemitteilung vom 08. Februar 2013, online abrufbar unter http://www.lloydsbankinggroup.com/media1/press_releases/2013_press_releases/halifax/0802_Broadband.asp

Laughlin, Andrew: "Average child born today 'to spend quarter of life watching a screen'"; in: Digital Spy, Beitrag vom 18. Februar 2013, online verfügbar unter http://www.digitalspy.co.uk/tech/news/a459675/average-child-born-today-to-spend-quarter-of-life-watching-a-screen.html

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