Studie zum Medienkonsum der Generation Y
Datum: 3. August 2012
Autor: Erwin König
Kategorien: Kurz notiert

Im Rahmen des seit 2003 laufenden Forschungsprojekts "Medienkonvergenz Monitoring" an der Professur für Medienpädagogik und Weiterbildung der Universität Leipzig wurden aktuelle Ergebnisse zu den sich verändernden medialen Hörgewohnheiten von 12 bis 19 Jährigen in Deutschland publiziert. Mittels einer Online-Befragung unter 3.806 Teilnehmern sowie 40 vertiefenden Interviews wurde der heutige Radio- und Medienkonsum von Jugendlichen analysiert.

Die Zeiten, in denen man die knappe Auswahl unter wenigen analogen Fernseh- und Radioprogrammen hatte, sind schon lange vorbei. Die Möglichkeiten des Internets haben dazu geführt, dass der Einzelne sich sein eigenes, individuelles Musikprogramm zusammenstellen und auch jederzeit hören kann, wann und wo er es will. Besonders für Jugendliche spielt Musik in ihrem Privatleben und für ihr Wohlbefinden eine wichtige Rolle. Wie die Mediennutzung von dieser Altersgruppe in Deutschland gegenwärtig aussieht, zeigen einige Auszüge aus den Studienergebnissen:

  • Der mit dem Internet verbundene PC ist das meistgenutzte Gerät zum Musikhören. Dahinter folgen der Computer im Offline-Modus, MP3-Player, Stereoanlage oder CD-Player, das klassische Radiogerät sowie tragbare Spielkonsolen. Musik wird heute somit nicht nur mehr über ein spezifisches Gerät, wie früher der Plattenspieler oder CD-Player, gehört, sondern über eine Vielzahl an Mediengeräten. Zudem findet immer stärker eine Ersetzung von traditionellen Abspielgeräten durch neue, multifunktionale Geräten statt.
  • Auffällig ist der Rückgang beim Medienkonsum von 2007 zu 2010 beim Offline-PC, während gleichzeitig der Online-Rechner im Vergleichszeitraum 2007 bis 2010 deutlich zugelegt hat. Hier findet eine Verlagerung von Offline- zu Online-PC statt.
  • Ein weiterer, allerdings noch relativ schwach ausgeprägter Trend, ist die Substitution von MP3-Playern durch mobile Telefongeräte mit MP3-Abspielfunktionen. Je mehr solcher Geräte abgesetzt werden, umso schneller werden die reinen MP3-Player an Bedeutung verlieren.
  • Die klassischen Abspielgeräte, wie die Stereoanlage, werden von den heutigen Jugendlichen aber immer noch recht häufig genutzt. Insgesamt knapp drei Viertel aller Umfrageteilnehmer hören noch heute ihre CD-Scheiben auf solchen Geräten an, wobei 35% dies sogar sehr oft tun.
  • Immer weiter zurück geht dagegen die Nutzung von Radiogeräten. Knapp die Hälfte der Jugendlichen hört heute überhaupt noch Musik über das Radio, wobei nur 18% angeben, dies oft zu machen. Ein wichtiger Grund für die schwindende Position des Radios bei jungen Leuten ist das vorgegebene Sendeprogramm der Radiostationen. Die Jugendlichen bevorzugen es, ihre eigene Musik zu hören bzw. zusammen zustellen, was mittels Internet einfach zu bewerkstelligen ist, hingegen bei einem vorgegebenen Radioprogramm nicht möglich ist. Diesen Trend sollten sich auch die Fernsehanstalten bewusst machen. Das Programm aus einem großen Angebot selbst zusammenstellen und unabhängig von Ort und Zeit anschauen zu können, dürfte auch für den TV-Bereich in Zukunft relevanter werden. Nicht zufällig sind Streaming-Portale weltweit auf dem Vormarsch.
  • Um neue Musikstücke zu hören greifen viele Jugendliche gerne auf die Videoplattform YouTube zurück. Da dort allerdings die Tonqualität oft unzureichend ist, wird  später gerne auch auf das klassische Speichermedium CD zurückgegriffen. Interessant, dass es hierzu auch Kommentare der Jugendlichen gibt, die das besondere Einkaufsgefühl beim Erwerb von CDs in einem physischen Laden betonen. So gesehen gibt es viele verschiedene Nutzungsverhalten, die sich ergänzen.

Diese Untersuchung ist ein weiteres Puzzle-Teil in der Hypothese, dass sich der seit Jahrzehnten bekannte klassische Medienkonsum besonders in der Gruppe der sogenannten Digital Natives tatsächlich von dem älterer Nutzer unterscheidet. Dabei liegt der Hauptunterschied nicht darin, dass die Generation Y technikaffiner oder informationskompetenter ist – viele Untersuchungen lassen daran erhebliche Zweifel aufkommen – sondern, dass sie schlicht mehr Medien digital über mehrere Kanäle und Endgeräte konsumieren als ältere Generationen.

So hat aktuell das Marktforschungsunternehmen GfK in Nürnberg die Bedeutung des Smartphones und des mobilen Webs für gewisse junge (und gut verdienende) Usergruppen festgestellt, die lieber ihr Portemonnaie verlieren würden als ihr Smartphone. Zudem lesen diese Smartphone-"Junkies" praktisch nur mehr digital, d.h. Print spielt für diese Nutzergruppe kaum mehr eine Rolle. Noch mögen diese Nutzergruppen einen relativ kleinen Anteil der Gesamtbevölkerung bilden, aber mit dem demographischen Wandel werden sie mittel- bis langfristig die dominierende Kundengruppe werden, denen sich Informationsspezialisten dann gegenübersehen.

Quelle:
Schorb, Bernd (Hrsg.): "Klangraum Internet: Report des Forschungsprojektes Medienkonvergenz Monitoring zur Aneignung konvergenter Hörmedien und hörmedialer Online-Angebote durch Jugendliche zwischen 12 und 19 Jahren"; Universität Leipzig, Mai 2012, online abrufbar unter der Internetadresse http://www.uni-leipzig.de/mepaed/medienkonvergenz-monitoring/news/klangraum-internet-auf-neuen-wegen-musik-entdecken/   

http://www.uni-leipzig.de/~mepaed/gallery2/main.php?g2_view=core.DownloadItem&g2_itemId=739&g2_GALLERYSID=eb29486b0cf11c212c5d9a6564d0690d

Mehr zum Thema:

Zukunft der Statistik

Die Kommission Zukunft Statistik (KomZS), eingerichtet vom Statistischen Bundesamt, hat ihren Abschlussbericht am 16. Januar 2024 vorgelegt. Unter der Leitung von Dr. Walter Radermacher, ehemaliger Präsidenten des Statistischen Bundesamtes und Generaldirektor von...

Warum Bücherklauen aus der Mode gekommen ist

In australischen Bibliotheken herrscht Ungewissheit über das Ausmaß von gestohlenen oder verloren gegangenen Medien, wie der Bibel oder DVDs, da diese nur selten erfasst werden. Zudem haben viele Bibliotheken Mahngebühren abgeschafft. Eine Besonderheit sind...