Praktiken von Jugendlichen bei der Evaluierung von Webinhalten
Datum: 19. Mai 2014
Autor: Erwin König
Kategorien: Fachartikel

Ein immer wiederkehrendes Thema in der bibliotheks- und informationswissenschaftlichen Fachliteratur ist die mangelhafte Evaluierung von Webquellen durch junge User. Viele Informationskompetenz-Modelle betonen und vermitteln zwar die Relevanz von einer kritischen Herangehensweise bei dieser Aufgabe. In der Realität bleibt davon aber meist nicht viel übrig, wenn junge Nutzer dann tatsächlich im Web auf Informationssuche gehen. Der vorliegende Beitrag widmet sich diesem Problem genauer und untersucht, weshalb es zu dieser ungenügenden Prüfung von Webressourcen kommt. Zu diesem Zweck wurden Jugendliche mittels einer Online-Befragung zu ihren Einstellungen und Vorgehensweisen bei der Prüfung von Webinhalten befragt Die Ergebnisse dieser Arbeit sind für alle von Interesse, die sich in irgendeiner Form mit der Vermittlung von Informationskompetenz beschäftigen.

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In den letzten Jahren sind verschiedene Tools und Hilfen für junge Leute entwickelt worden, um sie zu untersützen, Inhalte aus dem Internet besser beurteilen zu können. Eines dieser Werkzeuge ist z.B. "Five W's of Web Site Evaluation" von Schrock (2009). Ein bekannter Fragekomplex, der bereits vor mehr als 10 Jahren im Rahmen eines BBC-Radioprogramms populär gemacht wurde, beinhaltet die folgenden Fragen, die sich ein User bei der Überprüfung einer Webseite stellen sollte:

  • Was lese ich gerade?
  • Wer will, dass ich gerade diese Webseite lese?
  • Welche Beweggründe haben die Homepage-Betreiber, dass ich diese Webseite lese? Ist diese Seite dafür bestimmt, etwas zu verkaufen oder zu informieren?
  • Wer hat den Inhalt geschrieben?
  • Warum wurde die Seite geschrieben?
  • Wer hat die Seite finanziert?
  • Wann wurde die Seite geschrieben?
  • Unter welchen Umständen wurde die Seite geschrieben?
  • Wie kann die Exaktheit der Inhalte der Webseite überprüft werden?

Insgesamt 149 Jugendliche im Alter von 13 bis 19 Jahren haben an dieser Online-Befragung teilgenommen. Hier einige wichtige Aussagen und Resultate aus dieser Studie:

  • Die Jugendlichen sind mehrheitlich der Meinung, dass Informationen im Web aktuell sein sollten. Dazu sollten die Inhalte auch keine grammatikalischen Fehler oder Rechtschreibfehler enthalten.
  • Weniger relevant für junge User ist dagegen, ob der Verfasser bekannt ist.
  • Mehrheitlich wünschen sich die jungen Leute lieber mehr als kurze Informationen auf einer Webseite.
  • Obwohl wir uns oft detaillierte Informationen wünschen, kann dies gerade bei jungen Web-Usern aber auf der anderen Seite auch eine Art Barriere aufbauen. Dies gilt besonders, wenn die erhältlichen Inhalte auf Webseiten zu erschöpfend und umfangreich sind. In solchen Fällen werden junge Nutzer durch diese umfangreichen Informationen mehr verwirrt, als das sie ihnen helfen.

Informationskompetenz hat sich in den letzten Jahren zu einem für jeden notwendigen Teil des Allgemeinwissen entwickelt, das von Eltern, Lehrern in Schulzimmer und Bibliothekaren gefördert und verbreitet werden soll. Lehrer und andere Ausbilder müssen sich aber im Klaren sein, dass Jugendliche in manchen Situationen immer wieder einmal Inhalte nutzen, die nicht als vertrauenswürdig gelten. Dies gilt auch, wenn sie in Informationskompetenz geschult wurden und sich der Bedeutung einer kritischen Herangehensweise bei der Beurteilung von Informationen bewusst sind. Bereits vor 50 Jahren hat Nehnevajsa (1966) diesen Sachverhalt erkannt und kommentiert: Wenn Information dringend benötigt wird, wird diejenige Information genutzt, die am schnellsten verfügbar ist, ohne Rücksicht auf ihre Eignung. An dieser Beobachtung von Nehnevajsa hat sich bis zum heutigen nichts geändert, und sie gilt übrigens nicht nur für junge User.

Quelle:
Pickard, Alison J.; Shenton, Andrew K.; Johnson, Andrew: "Young people and the evaluation of information on the World Wide Web: Principles, practice and beliefs"; in: Journal of Librarianship and Information Science, 2014, Vol. 46, No. 1, 3-20

Schlagworte:
Evaluierung, Informationssuche, Informationskompetenz, Jugendliche, Informationsqualität, Internetsuche, Webquellen

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