Liegt vor Bibliotheken eine rein virtuelle Zukunft?
Datum: 3. August 2012
Autor: Erwin König
Kategorien: Fachartikel

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Das gedruckte Buch steht für viele Benutzer und auch für so manchen Informationsspezialisten immer noch stellvertretend für die Institution "Bibliothek". Nicht wenige Informationseinrichtungen haben noch heute in irgendeiner Form das Buch in ihrem Bibliothekslogo integriert. Die Zeiten haben sich aber in den letzten Jahren deutlich und spürbar verändert, da wir schon längst im digitalen Zeitalter angekommen sind. Die Frage stellt sich nun, ob Bibliotheken auch in dieser neuen Zeit ein physischer Ort des Lernens bleiben können? Ist es vorstellbar, dass wissenschaftliche Bibliotheken, die ausschließlich Online-Materialien anbieten, weiterhin diese Funktion erfüllen können? Wird also die papierlose Informationseinrichtung bald Realität werden? Der folgende Beitrag versucht, Antworten auf diese Fragen zu geben.

Elektronische Informationsquellen in Form von Webseiten, Datenbanken, E-Books, digitalen Zeitschriften etc. sind heute überall allgegenwärtig. Und auch Informationseinrichtungen sind hier keine Ausnahme und ersetzen immer mehr gedruckte Werke durch digitale Materialien. Brauchen wir also noch Bibliotheken, die vollgestopft sind mit alten, gedruckten Dokumenten, sowie entsprechendes Personal, um diese Inhalte zu verwalten? Bisher zögern die Bibliotheken allerdings, ihr Angebot komplett auf elektronische Quellen umzustellen, auch wenn die Budgetanteile für die digitalen Inhalte immer schneller wachsen. Gleichzeitig machen die Ausgaben für gedruckte Inhalte wie Bücher und Zeitschriften immer noch den größten Teil des Gesamtbudgets einer Bibliothek aus. Gerade in Universitätsbibliotheken wird man sich diesem Wandel hin zu elektronischen Quellen schneller anpassen müssen, da man sich hier mehrheitlich einer jungen Klientel, d.h. Studenten, gegenübersieht, die mit Internet und digitalen Medien aufgewachsen ist. Diese bevorzugen für ihre Forschungsarbeiten sofort verfügbare elektronische Informationsressourcen, so dass auch die Nachfrage nach solchen Quellen in wissenschaftlichen Bibliotheken entsprechend größer ist.

Nicht verwunderlich daher, dass inzwischen in wissenschaftlichen Bibliotheken die elektronischen Zeitschriftenabonnements ein größeres Budget haben als die Abos für Print-Zeitschriften. Und dies hat auch Auswirkungen auf den Return on Investment dieser Bibliotheken. So gibt es Beispiele von Bibliotheken, wo sich die Nutzung von Zeitschriften mehr als verzehnfacht hat, seit man von Print auf elektronische Journale umgestellt hat. Dazu kommt der Produktivitätsgewinn auf Seiten der Studenten und Wissenschaftler, die dank der umgehenden Verfügbarkeit von elektronischen Fachbeiträgen wesentlich effizienter und schneller arbeiten können.

Den gleichen Entwicklungspfad wie die Zeitschriften dürften auch die Bücher nehmen, d.h. in wenigen Jahren wird es zu einem weitreichenden Wechsel von Print-Büchern zu E-Books kommen. Bis es aber überhaupt keine gedruckten Bücher in einer möglichen Bibliothek der Zukunft mehr gibt, gilt es zuerst, noch einige Probleme aus dem Weg zu räumen. Dazu zählen Fragen des Zugangs sowie auch der langfristigen Benutzbarkeit von elektronischen Büchern. Generell ist die Nachfrage in wissenschaftlichen Bibliotheken nach elektronischen oder digitalen Informationsquellen bereits heute doppelt so groß wie die nach gedruckten Materialien. Interessanterweise gilt dies nicht für Lehrbücher. Auf Seiten der Universitäten setzt man derzeit noch auf das klassische, gedruckte Lehrbuch für die Studenten. Aber auch hier gibt es Bestrebungen, elektronische Lehrmaterialien weiter zu verbessern, vor allem im Hinblick auf mehr Interaktivität.

Immer öfter bieten Universitäten anstelle von Präsenz- auch Online-Unterricht für ihre Studiengänge an. Studenten, die nicht in der Nähe des Campus wohnen, werden kaum mehr einen Fuß in die Bibliothek setzen. Trotzdem muss die Informationseinrichtung weiterhin gewährleisten, dass diese (Fern-)Studenten mittels Online-Zugang auf alle benötigten Unterrichtsmaterialen zugreifen können.

Die Rolle der Bibliotheken und der Bibliothekare wird sich auch durch eine vollständig virtuelle Zukunft nicht so grundlegend verändern, wie dies bei den Materialien der Fall ist. In einer solchen digitalen Welt werden etwa Auskunftsbibliothekare noch mehr benötigt, als dies heute der Fall ist. Auch Informationskompetenz-Schulungen dürften eher zunehmen, um den Studenten zu vermitteln, wie sie die vielen Datenbanken nutzen können und welche Suchstrategien am besten sind. Ebenfalls mehr nachgefragt werden dürften Auskünfte per Instant Messaging.

Der Beitrag verdeutlicht, dass wir gar nicht mehr so weit von einer rein virtuellen Bibliothek entfernt sind. Der Wandel zu Online-Quellen hat also nicht erst begonnen, sondern er ist schon da. So hat etwa die Universitätsbibliothek von Rhode Island im Jahr 2011 94% ihres gesamten Zeitschriftenetats für elektronische Informationsquellen ausgegeben. Der Rest von 6% verteilt sich auf Print-Zeitschriften und Mikroform-Materialien. Einen ähnlichen Schritt plant diese Informationseinrichtung im nächsten Jahr bei den Monographien, die dann größtenteils durch E-Books ersetzt werden sollen. Ob alle Funktionen und Aufgaben in einer vollständig digitalen Bibliothek erhalten bleiben, wie der Autor mutmaßt, muss allerdings kritisch hinterfragt werden. So ist z.B. zweifelhaft, dass man bei einem Sammlungsbestand mit ausschließlich E-Books noch Bücher katalogisieren muss. Schließlich werden diese Metadaten größtenteils schon von den E-Book-Anbietern geliefert.

Quelle:
Cerbo, Michael A.: "The Academic Library Online: Is the Future of Academic Libraries a Virtual Reality?"; in: Technical Services Quarterly, 2012, Vol. 29, No. 3, 181-192 

Das gedruckte Buch steht für viele Benutzer und auch für so manchen Informationsspezialisten immer noch stellvertretend für die Institution "Bibliothek". Nicht wenige Informationseinrichtungen haben noch heute in irgendeiner Form das Buch in ihrem Bibliothekslogo integriert. Die Zeiten haben sich aber in den letzten Jahren deutlich und spürbar verändert, da wir schon längst im digitalen Zeitalter angekommen sind. Die Frage stellt sich nun, ob Bibliotheken auch in dieser neuen Zeit ein physischer Ort des Lernens bleiben können? Ist es vorstellbar, dass wissenschaftliche Bibliotheken, die ausschließlich Online-Materialien anbieten, weiterhin diese Funktion erfüllen können? Wird also die papierlose Informationseinrichtung bald Realität werden? Der folgende Beitrag versucht, Antworten auf diese Fragen zu geben.

Elektronische Informationsquellen in Form von Webseiten, Datenbanken, E-Books, digitalen Zeitschriften etc. sind heute überall allgegenwärtig. Und auch Informationseinrichtungen sind hier keine Ausnahme und ersetzen immer mehr gedruckte Werke durch digitale Materialien. Brauchen wir also noch Bibliotheken, die vollgestopft sind mit alten, gedruckten Dokumenten, sowie entsprechendes Personal, um diese Inhalte zu verwalten? Bisher zögern die Bibliotheken allerdings, ihr Angebot komplett auf elektronische Quellen umzustellen, auch wenn die Budgetanteile für die digitalen Inhalte immer schneller wachsen. Gleichzeitig machen die Ausgaben für gedruckte Inhalte wie Bücher und Zeitschriften immer noch den größten Teil des Gesamtbudgets einer Bibliothek aus. Gerade in Universitätsbibliotheken wird man sich diesem Wandel hin zu elektronischen Quellen schneller anpassen müssen, da man sich hier mehrheitlich einer jungen Klientel, d.h. Studenten, gegenübersieht, die mit Internet und digitalen Medien aufgewachsen ist. Diese bevorzugen für ihre Forschungsarbeiten sofort verfügbare elektronische Informationsressourcen, so dass auch die Nachfrage nach solchen Quellen in wissenschaftlichen Bibliotheken entsprechend größer ist.

Nicht verwunderlich daher, dass inzwischen in wissenschaftlichen Bibliotheken die elektronischen Zeitschriftenabonnements ein größeres Budget haben als die Abos für Print-Zeitschriften. Und dies hat auch Auswirkungen auf den Return on Investment dieser Bibliotheken. So gibt es Beispiele von Bibliotheken, wo sich die Nutzung von Zeitschriften mehr als verzehnfacht hat, seit man von Print auf elektronische Journale umgestellt hat. Dazu kommt der Produktivitätsgewinn auf Seiten der Studenten und Wissenschaftler, die dank der umgehenden Verfügbarkeit von elektronischen Fachbeiträgen wesentlich effizienter und schneller arbeiten können.

Den gleichen Entwicklungspfad wie die Zeitschriften dürften auch die Bücher nehmen, d.h. in wenigen Jahren wird es zu einem weitreichenden Wechsel von Print-Büchern zu E-Books kommen. Bis es aber überhaupt keine gedruckten Bücher in einer möglichen Bibliothek der Zukunft mehr gibt, gilt es zuerst, noch einige Probleme aus dem Weg zu räumen. Dazu zählen Fragen des Zugangs sowie auch der langfristigen Benutzbarkeit von elektronischen Büchern. Generell ist die Nachfrage in wissenschaftlichen Bibliotheken nach elektronischen oder digitalen Informationsquellen bereits heute doppelt so groß wie die nach gedruckten Materialien. Interessanterweise gilt dies nicht für Lehrbücher. Auf Seiten der Universitäten setzt man derzeit noch auf das klassische, gedruckte Lehrbuch für die Studenten. Aber auch hier gibt es Bestrebungen, elektronische Lehrmaterialien weiter zu verbessern, vor allem im Hinblick auf mehr Interaktivität.

Immer öfter bieten Universitäten anstelle von Präsenz- auch Online-Unterricht für ihre Studiengänge an. Studenten, die nicht in der Nähe des Campus wohnen, werden kaum mehr...

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Schlagworte: 06-2012

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