Editorial 8-2015
Datum: 30. Oktober 2015
Autor: Rafael Ball
Kategorien: Editorial

Liebe Leserinnen und Leser,

auch wenn es viele langweilt, das Thema Qualitätsmanagement kann nicht oft genug wiederholt werden. Gerade in Bibliotheken werden in vielen Bereichen Qualität und Genauigkeit zu Recht ganz groß geschrieben. Das beginnt bei der Beschaffung von Literatur, die oft mit sehr großem intellektuellen Aufwand punktgenau ausgewählt wird, setzt sich fort über die präzise formale Katalogisierung nach festgelegten Standards, bis hin zur intellektuellen sachlichen Erschließung und die Einarbeitung des Mediums in einen Bestand. Auch die Ausleihe von gedruckter Literatur in Bibliotheken wird mit großer Sorgfalt und höchsten Ansprüchen an Datenqualität und Datensicherheit umgesetzt.

Doch wie sieht es im Bereich der elektronischen Medien aus? Hat man hier genauso viel Sorgfalt walten lassen wie beim analogen Medium? Wer hat bei der Beschaffung der „Big Deals“ noch den genauen Überblick über die Qualität der Inhalte, Metadaten und die Verfügbarkeit von Einzeltiteln?

Wir dürfen vermuten, dass hier weitaus weniger akribisch vorgegangen wird als bei den analogen Medien. Denn die Überprüfung und Kontrolle des sicheren Zugriffs und der Linkverfügbarkeit und Dauerverfügbarkeit elektronischer Ressourcen ist in Bibliotheken nach wie vor ein heikles Thema, ganz zu schweigen von nicht vorhandenen automatisierten workflows zur Qualitätskontrolle. Mit großem finanziellem Engagement und in langwierigen Verhandlungen werden elektronische Informationsquellen beschafft und lizenziert. Doch nach der Freischaltung durch die IP-Adresse schaut Bibliothek selten nach, ob sie für den Nutzer verfügbar und zugreifbar sind. Dies ist nicht nur ärgerlich wegen der hohen Investitionssumme, sondern auch wegen der enttäuschten Kunden. Das Thema Qualitätsmanagement ist deshalb auch und gerade im Zeitalter elektronischer Medien und digitaler Bibliotheken von besonderer Bedeutung. Unser Beitrag „Verfügbarkeitsstudien als Instrument zum Entdecken von Fehlern in E-Ressourcen“ geht diesen Phänomenen nach.

Eng damit verbunden ist ein weiterer spannender Beitrag. In unserem Heft referieren wir eine britische Studie über die Nutzer von elektronischen Ressourcen. Seien Sie gespannt, welche Ergebnisse hier herausgefunden worden sind.

Besonders interessant ist ein Blick auf die Bibliothek des Jahres 2020, den Wissenschaftler und Studierende in der Studie gewagt haben. Unsere Kunden sehen die Bibliotheken der Zukunft ganz ähnlich wie Bibliothekare selbst: Als ein intuitiv nutzbares und personalisiertes System, das aus Forschungsaktivitäten lernt und gleichzeitig Empfehlungen zu Informationen gibt, als eine dynamische Umgebung, die Themen von Studieneinheiten und Literatur verbindet und virtuell und interaktiv eine Vernetzung von Personen, Literatur und wissenschaftlichen Fragestellungen ermöglicht.

Mit diesen Anregungen wünsche ich Ihnen eine spannende und interessante Lektüre

Herzlich

Ihr Rafael Ball

Über Rafael Ball

Rafael Ball studierte die Fächer Biologie, Slawistik und Philosophie an den Universitäten Mainz, Warschau und Smolensk. 1994 wurde er am Institut für Allgemeine Botanik der Universität Mainz zum Dr. rer. nat. promoviert. Bekannt ist er für seine Ideen zur Bibliothek der Zukunft, zur Wissenschaftskommunikation und zur heutigen Rolle des gedruckten Buches. Er ist außerdem Chefredakteur der Zeitschrift B.I.T.online.