Bewegtbilder als wichtigster Treiber für soziale Medien
Datum: 24. Juni 2013
Autor: Erwin König
Kategorien: Kurz notiert

Die nach eigenen Angaben weltweit größte PR-Agentur Edelman hat bereits die 7. Auflage ihrer Global Entertainment Studie veröffentlicht. Darin werden die Einstellung und Verhaltensweisen von Konsumenten gegenüber der Unterhaltungsindustrie ana- lysiert. Für die aktuelle Ausgabe wurde im Zeitraum vom 1. bis 12. April 2013 in einer Online-Befragung 6.500 Personen im Alter von 18 bis 54 Jahren in Deutschland, Brasilien, China, Indien, Korea, der Türkei, Großbritannien und den USA befragt. Als wichtigstes Resultat dieser Untersuchung lässt sich festhalten, dass die Unterhaltungsindustrie inzwischen zum wichtigsten Content-Treiber für soziale Medien geworden ist.

Hier zuerst die spezifischen Ergebnisse für Deutschland:

  • Das Teilen des Unterhaltungserlebnisses über soziale Medienkanäle ist heute für viele Menschen selbstverständlich geworden. 71% der deutschen Nutzer verbreiten in sozialen Medien Inhalte von Fernsehsendungen, Kino-­Trailern oder Musik­-Videos. Erst an 2. Stelle (68%) folgen Nachrichten über Freunde. Weiter dahinter liegen News über sich selbst (57%) sowie Neuigkeiten aus der Familie (50%).
  • Festgestellt wurde auch ein gewisser Solidarisierungseffekt, der bei der Nutzung von Social Media auftritt. So haben 59% der befragten User gesagt, dass sie der Aussage "Ich fühle mich durch Social Media mehr mit der Allgemeinheit verbunden" zustimmen. 57% stimmen zudem der Aussage "Ich bin offener für Inhalte aus entfernten Ländern als vor wenigen Jahren" zu.
  • Soziale Medien spielen inzwischen aber auch bei der Entertainment­-Wahl eine wichtige Rolle. Welches Fernsehprogramm angeschaut, welches Theaterstück besucht werden soll oder welche CD gekauft werden kann, wird heute maßgeblich durch die Empfehlungen von Freunden und Verwandten in sozialen Medien beeinflusst (43% haben dies angegeben). Filmtrailer und andere Werbung in sozialen Medien sind für 30% der Befragten eine Auswahlhilfe und 14% nutzen immerhin noch die Empfehlung einer unbekannten Person, der sie in sozialen Medien gefolgt sind.
  • Bei den Ausgaben für Entertainment­Inhalte vertrauen 42% der Deutschen auf positive Bewertungen von professionellen Kritikern aus Medien wie Zeitungen, Fernsehen und Online­Medien. Interessanterweise liegen die Empfehlungen durch die von einem User bevorzugten Marken mit 39% nur knapp dahinter.
  • Auch in Deutschland setzt sich langsam ein Trend durch, der sich international schon durchgesetzt hat, nämlich die klassische Werbung wird immer öfter durch Bewegtbilder­Inhalte abgelöst.

Hier ein Auszug der Resultate aus der Gesamtstudie:

  • Die User wünschen sich beim Konsum von Entertainment­Inhalten mehr Möglichkeiten zum Eintauchen und zur Interaktivität. So sagen 88%, dass sie mehr als eine Episode ihrer Lieblingsserie in einer Sitzung sehen wollen, 73% probieren neue Kommunikationsarten beim Medienkonsum aus, 70% rufen ergänzende Online­Inhalte beim Medienkonsum ab und 65% kommunizieren in Echtzeit, während sie etwas anschauen.
  • Gerade in den untersuchten Schwellenländern Indien, Brasilien, China und Türkei zeigen sich die Nutzer besonders engagiert, wenn es um Interaktivität geht.
  • 70% der befragten User ergänzen ihr Entertainment­Erlebnis durch weitere Endgeräte.
  • Auch international schafft das Visual­tainment eine große Verbundenheit mit dem Rest der Welt.
  • Erstaunlicherweise werden weltweit 5-mal mehr positive Erlebnisse von den Usern mit anderen geteilt, als negative Ereignisse.
  • Das wichtigste Gerät, um Unterhaltung zu genießen, ist immer noch das Fernsehgerät. Laptops und mobile Endgeräte werden aber immer öfter auch zu Unterhaltungszwecken eingesetzt.

Die Studienergebnisse von Edelman zeigen deutlich, dass soziale Medien sich immer mehr in Meinungskanäle verwandeln. In der vorliegenden Untersuchung geht es zwar ausschließlich um die Unterhaltungsindustrie, aber grundsätzlich dürften diese Ergebnisse mit gewissen Abstrichen auch auf andere Branchen und Bereiche unseres Lebens übertragbar sein. Die Frage ist allerdings, ob man dies nun gut oder schlecht finden soll? Positiv ist sicher, dass durch die globale Vernetzung mittels sozialer Medien offensichtlich auch eine gewisse Toleranz und Verständnis für andere Länder entsteht und allgemein das Interesse an fremden Sprachen und Regionen erhöht wird. Andererseits ist es schon fraglich, wenn Menschen gewissen Marken mehr vertrauen als etwa objektiven Tests, z.B. in Fachblättern. Aber wahrscheinlich ist es wie im richtigen Leben, d.h. relativ wenige Meinungsmacher sind entscheidend für die Verhaltensweisen von vielen. So gesehen stellen soziale Medien nichts anderes als eine Art virtuelles Abbild des realen Lebens dar. Ob diese Meinungs-­ und Informationsvielfalt auch zu besseren Entscheidungen führt, bleibt zweifelhaft. Als Information Professional gewinnt man den Eindruck, dass Meinungen („Glauben“) inzwischen mehr zählen als fundierte Informationen („Wissen“). Bei diesen Ergebnissen fällt einem eigentlich sofort das Thema „Vermittlung von Informationskompetenz“ ein.

Quellen:

“Edelman Global Entertainment Studie 2013: Online­Videos, Filme und Co. sind die Content­ Treiber in sozialen Medien“; Pressemitteliung vom 29. Mai 2013, online abrufbar unter http://www.edelman.de/news/402-­edelman­-global­entertainment­-studie-­2013­-online- videos-­filme-­und­-co­-sind-­die-­content­-treiber-­in-­sozialen­-medien

 

Vollständige Studie erhältlich unter http://www.edelman.de/images/studien/Edelman_Global_Entertainment_Studie_2013_englisch.pdf

 

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