Banken sind ungenügend auf Digitalisierungs-Welle vorbereitet
Datum: 7. Dezember 2012
Autor: Erwin König
Kategorien: Kurz notiert

Die Digitalisierung unserer Welt betrifft nicht nur die Frage, ob man seine Bücher vorzugsweise in gedruckter oder elektronischer Form liest, sondern betrifft praktisch alle Bereiche unserer Gesellschaft sowie auch alle Branchen. Finanzdienstleistungsunternehmen sind hier keine Ausnahme. Auch in dieser Branche spüren die Unternehmen einen Wandel beim Kundenverhalten. Das Beratungsunternehmen Bain & Company hat untersucht, in wieweit die Finanzdienstleistungsunternehmen auf die sie hereinbrechende Welle an Digitalisierung durch neue Technologien inzwischen vorbereitet sind. Glaubt man den vorliegenden Ergebnissen, ist es damit noch nicht allzu weit her. Für diese globale Studie wurden von Bain verschiedene Kundenbefragungen in den USA durchgeführt. Dazu wurden 20 führende Manager von 15 Finanzdienstleistungsunternehmen ausführlich interviewt, um die digitale Herausforderung der Retail-Banken genauer zu analysieren.

An Resultaten haben sich u.a. ergeben:

  • Die Bankkunden in den USA nutzen vermehrt die Möglichkeiten des Mobile Banking. 2011 belief sich der Anteil derjenigen Kunden, die ihr mobiles Endgerät für ihre Bankgeschäfte einsetzten, auf 24%. Ein Jahr später, 2012, wird bereits von einem Anteil von 36% ausgegangen. Im Gegensatz etwa zu Deutschland gehört das Mobile Banking in den USA zum festen Bestandteil des Dienstleistungsangebots von Banken.
  • Nicht nur Informationseinrichtungen spüren den Druck durch die Konkurrenz aus dem Internet. Auch die Banken sehen sich immer öfter im Wettbewerb mit eigentlich branchenfremden Unternehmen. Dazu zählen (mobile) Bezahlsysteme, wie etwa Paypal der führenden Online-Auktionsplattform Ebay oder Google Wallet des Suchmaschinenbetreibers Google, die sich im bisher von Banken dominierten Zahlungsverkehr immer größere Marktanteile sichern.
  • Der Berater wird aber auch in Zukunft für die Kunden weiterhin wichtig oder sehr wichtig bleiben. 70% der Befragten gaben dies an. Allerdings könnte bereits heute ein Großteil der Beratungsgespräche z.B. per Videochat stattfinden, anstatt in einem persönlichen Gespräch vor Ort.
  • Bei der Frage nach der wichtigsten Informationsquelle der Bankkunden liegt das Internet inzwischen klar an der Spitze. Dahinter folgen der Bankberater, Freunde, unabhängige Makler sowie sonstige Quellen.

Und abschließend einige Mythen, die nicht nur in Bankenkreisen fälschlicherweise das Denken und Handeln oft bestimmen:

  • Ein Mythos lautet, dass noch mehr als ausreichend Zeit zur Verfügung steht, um sich auf den digitalen Zug aufzuschwingen. In Wirklichkeit ist eine schnelle Adaption der neuen Technologien entscheidend für den Erfolg, oder frei nach dem Motto, den Letzten beißen die Hunde.
  • Ein weiterer Mythos lautet, dass die IT-Abteilungen die alleinigen Experten für alles rund um das Thema Digitalisierung sind. Entscheidend ist aber die strategische Ausrichtung einer Organisation auf diese neuen Technologien.
  • Ein anderer Mythos lautet, dass man nur die digitalen Konzepte von erfolgreichen Konkurrenten kopieren muss, um kein Lehrgeld als Vorreiter zu bezahlen. Die Realität ist aber, dass  man mit dieser Einstellung keine Chance jemals auf eine Vorreiter-Rolle hat und nur ständig der Konkurrenz hinterherrennen muss.

Aus dieser Studie können einige wichtige allgemeine Trends ablesen werden, die wohl unabhängig für alle Branchen gelten. Dazu zählt, dass die Kunden von heute Dienstleistungen immer öfter mittels ihrer mobilen Endgeräte abrufen wollen. Weiterhin lassen sich aus den verschiedenen falschen Mythen  gerade für Informationseinrichtungen wichtige Wahrheiten ablesen. Zu glauben, dass man die verschiedenen neuen Technologien - gleichgültig ob sie E-Book, soziale Medien oder Cloud Computing heißen – erst einmal aussitzen kann, könnte sich als fatal erweisen. Innovationen im technologischen Bereich kommen immer schneller. Auf diese Herausforderung muss man sich bereits heute vorbereiten. Dazu zählt auch, auf Mitarbeiter zu setzen, die bereit sind, sich ständig weiterzubilden und neugierig sind, neue Technologien auszuprobieren und anzuwenden.

Quelle:
Vater, Dirk; Cho, Youngsuh; Sidebottom, Peter: "Retail-Banking: Die digitale Herausforderung"; Oktober 2012, online abrufbar unter http://www.bain.de/Images/Retail_Banking_II_Digitalisierung_ES.pdf

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